- Disinfection | procedures, devices, agents, media (Wipers, Swaps,...)
Margarete Witt-Mäckel
Aufbau und Bewertung von Desinfektionsverfahren innerhalb der Kontaminationskontrolle
Die Desinfektion, ein Verfahren zur gezielten Reduzierung pathogener und produktschädigender Mikroorganismen zum Schutz von Produkt, Prozess und Mensch, ist neben der Reinigung eine grundlegende Maßnahme der Kontaminationskontrollstrategie (im Englischen: Contamination Control Strategy, kurz CCS) . Fehler bei der Auswahl und bei dem Einsatz von Desinfektionsmitteln sowie bei der Durchführung der Prozesse können zu schwerwiegenden Folgen führen.
Die Strategie zur Kontrolle der mikrobiologischen Kontaminationen sieht ein geeignetes, den betrieblichen und regulatorischen Anforderungen angepasstes Desinfektionsprogramm vor. Geeignet bedeutet, dass die in diesem Programm definierten Maßnahmen nachweislich funktionieren und die im Voraus festgelegten Anforderungen valide erfüllt werden. Damit ist gemeint, dass die geforderte mikrobiologische Wirksamkeit der Desinfektionsmittel belegt und das Zusammenspiel zwischen den Wischtextilien, Tränkungssystemen und Desinfektionsmittel überprüft ist [Abb. 1 und 2]. Teil des Desinfektionskonzeptes ist ebenfalls, dass das Personal, das mit der Umsetzung der Desinfektion beauftragt ist, auf die Anwendung geschult, und dass die Prozesse in Arbeitsanweisungen verständlich und nachvollziehbar beschrieben sind. Die Vorgehensweise zum Aufbau eines Desinfektionsprogrammes einschließlich der Bewertung der Umsetzung sowie der Umgang mit Abweichungen ist in der nachfolgenden Übersicht [Tab. 1] beispielhaft dargestellt.
In der ersten Phase der Desinfektionsvalidierung wird das Desinfektionsmittel anhand des Anforderungsprofils ausgewählt oder das bereits eingesetzte Desinfektionsmittel bewertet. Das Anforderungsprofil ergibt sich aus den mikrobiologischen Anforderungen an das Produkt und an die Produktionsumgebung sowie aus den regulatorischen Vorgaben für den jeweiligen Produktionsbetrieb. Die Eignung der Desinfektionsmittel erfasst auch eine Bewertung der Wirksamkeit gegen die betriebsspezifische Keimflora (sogenannte Betriebskeime) auf den produktionstypischen Oberflächen. Weitere Einflussfaktoren wie Schmutzbelastung, Kompatibilität mit den Wischtextilien und Sicherstellung der Wirksamkeit der Anwenderlösungen über den gesamten Einsatzzeitraum werden ebenfalls betrachtet.
In der zweiten Phase wird der Prozess selbst bewertet. Dies erfolgt durch ein prozessbegleitendes mikrobiologisches Monitoring, das nach Abschluss der Validierung in das mikrobiologische Hygienemonitoring integriert wird. Das Hygienemonitoring und das damit verbundene Erstellen einer Trendanalyse zeigt die Effektivität der Umsetzung über einen längeren Zeitraum und nimmt umgebungs- und anwendungsbedingte Schwankungen mit auf. Durch das prozessbegleitende Monitoring und das Hygienemonitoring können sogenannte „weiche“ Faktoren berücksichtigt werden. Damit gemeint sind Einflüsse, die selbst durch praxisnahe Prüfmethoden im Labor nur schwer erfasst werden können. Dazu zählen unter anderem die Abnutzung der Oberflächen, mögliche Querkontaminationen oder der Einfluss durch das Personal, das Zusammenspiel der Tränkungsverfahren hinsichtlich Oberflächenbenetzung und Flüssigkeitsaufnahme bzw. -abgabe durch das Wischtextil sowie die Bewertung der Abtrocknung innerhalb der, über Labormethoden ermittelten, Einwirkzeiten.
Mit der Desinfektion wird die hygienische Sicherheit für Produkt, Prozess und Mensch gewährleistet. Durch den Aufbau eines durchdachten und praxisnahen Konzeptes verbunden mit einer regelmäßigen Überprüfung der tatsächlichen Wirksamkeit wird ein Teil der Kontaminationskontrollstrategie erfüllt.
Das Zusammenspiel zwischen Desinfektionsmittel, Wischtextil und Tränkungsverfahren am Beispiel des MopScoop-Systems
Durch das Tränkungssystem wird eine definierte Menge an Gebrauchslösung dem Wischbezug zur Aufnahme zur Verfügung gestellt, die dieser während des Wischens mit einer definierten Benetzung wieder an die Oberfläche abgibt. Der entstehende gleichmäßige Flüssigkeitsfilm reicht aus, um die möglicherweise vorhandenen Mikroorganismen zu inaktivieren. Für die Funktionalität dieses System ist nachgewiesen, dass keine oder nur geringe Adaption von Wirkstoffen an das Wischtextil stattfindet und der Wischbezug ein valides Flüssigkeitsaufnahme- und -abgabevermögen hat. Das MopScoop-System ist zudem als geschlossenes System ausgelegt: Die hygienische Gestaltung der gesamten Einheit und die Lagerung der Gebrauchslösung im geschlossenen Behälter des MopScoop verhindert den direkten und indirekten Eintrag von Kontaminationen in die Lösung und ermöglicht den Erhalt der Stabilität der Lösung über einen definierten Einsatzzeitraum.
[Quelle: Pfennig Reinigungstechnik GmbH, Durach]
1 Überarbeiteter Anhang 1 des EU-GMP-Leitfadens, veröffentlicht am 22.08.2022; https://health.ec.europa.eu/system/files/2022-08/20220825_gmp-an1_en_0.pdf
Tab. 1:
Ein Beispiel, wie der Aufbau eines Desinfektionsprogrammes geplant werden kann.
Die einzelnen Schritte können in der Reihenfolge variieren.
Um welche Kontrollmaßnahmen handelt es sich?
Verfahren der Desinfektion
Beispiel:
Routinedesinfektion (arbeitstägliche Desinfektion) zur Dekontamination der Oberflächen im Herstellungsbereich von nicht sterilen Arzneimitteln
Was soll desinfiziert werden?
- Festlegung der Bereiche und der zu desinfizierenden Oberflächen
- Klassifizierung der Oberflächen in kritische, allgemeine und sonstige Bereiche
Beispiel:
- Produktberührend/kritisch: Arbeitstische, Anlagen, Arbeitsgeräte;
- Weniger kritisch: Fußboden, Wände, Decken
In welcher Reinheitsklasse soll desinfiziert werden?
Definition der Reinheitsanforderungen durch den Produktionsbereich
Beispiel:
GMP Reinheitsklasse D (Raum) und C (Arbeitsstationen)
Was soll erreicht werden?
- Festlegung des gewünschten Reinheitsgrades für die klassifizierten Oberflächen
- Definition der Ziele, Grenzwerte und der sonstigen Anforderungen
Beispiel:
Reinheitsgrad: optisch und mikrobiologisch rein
Grenzwerte:
- Arbeitstische, Arbeitsgeräte: 25 KBE/qm
- Fußboden, Wände, Decken: 50 KBE/qm
Sonstige Anforderungen: bakterizid, im Wechsel: sporizider Wirkstoff
Für welchen Bereich gilt die Reinraumdesinfektion? Wo sind Schnittstellen?
Geltungsbereich
Beispiel:
Produktionsbereich
Schnittstellen zur Produktion, Absprache zwischen Produktionsleitung und der externen Reinigungsfirma
Wer ist für was verantwortlich und zuständig?
Verantwortung
Beispiel:
- Arbeitsgeräte und Arbeitstische werden von eigenem Personal gereinigt, zuständig Fr. Muster
- Fußböden, Wände, Decken werden von einer externen Firma gereinigt, zuständig Hr. Saubermann
Wie wird desinfiziert?
Beschreibung der Desinfektionsverfahren zur Erreichung des gewünschten Reinheitsgrades
Beispiel:
- Arbeitstische: Wischen mit Tuch
- Arbeitsgeräte: Sprühen und wischen
- Fußboden, Decke, Wände: Wischen mit Wischbezug
- Vorpräparation der Wischtextilien
- Wischtechniken und Wechselmethode
Wo werden die Materialien gelagert? Wird Wasser benötigt, in welcher Qualität? Wo können Reste entleert und die Betriebsmittel nachbereitet werden?
Planung der Umsetzung
Beispiel:
- Bereitstellung der Materialien in der Materialschleuse und Lagerung im Putzschrank in der Schleuse
- Wasserentnahme und Waschbecken mit Abfluss in der Schleuse CNC/D, Wasserqualität: purified water
Womit? Welche Mittel und Geräte sind erforderlich?
Beschreibung der Desinfektionsmittel, der Gerätschaften und Wischtextilien
Beispiel:
- Arbeitstische: Produkt A und B im Wechsel, Mikrofasertuch
- Arbeitsgeräte: Produkt C, Sprühflasche, Mikrofasertuch
- Fußboden, Wände, Decken: Produkt A und B im Wechsel, Systemwagen, Tränkungssystem, Wischbezüge und Mophalter
Wird das festgelegte Ziel mit diesen Verbrauchsmaterialien und Betriebsmitteln erreicht?
Qualifizierung der Desinfektionsmittel, Gerätschaften und Wischtextilien
Beispiel:
- Bestätigung der mikrobiologischen Wirksamkeit und ggf. der Reinigungswirkung der Desinfektionsmittel nach Qualifizierungsplan über die Gutachten der Hersteller, Laboruntersuchungen, Rationale
- Bewertung der Rückstände und ggf. Planung einer zusätzlichen Reinigung
- Bestätigung der Reinheitstauglichkeit der Wischtextilien und Gerätschaften durch den Hersteller
Wann und wie häufig muss desinfiziert werden, um das Ziel zu erreichen?
Festlegung der Intervalle für jede klassifizierte Oberfläche und wenn möglich des Zeitpunktes
Beispiel:
- Arbeitstische: arbeitstäglich, nach Arbeitsende
- Arbeitsgeräte: mehrmals täglich, bei Bedarf und nach Arbeitsende
- Fußboden: arbeitstäglich, nach Arbeitsende
- Wände, Decken: vierteljährlich, am Wochenende
Wer macht was, wann, wie, womit?
Erstellung der Dokumentation
Beispiel:
Erstellung von Arbeitsanweisungen und der Desinfektionspläne
Wird das festgelegte Ziel mit diesem Personal erreicht?
Qualifizierung des Reinigungspersonals
Beispiel:
- Schulung des Reinigungspersonals und der Mitarbeiter
- Schulungsbestätigung durch die externe Reinigungsfirma
Wird das Ziel mit den festgelegten Verfahren erreicht?
Desinfektionsvalidierung
Beispiel:
- Validierung der Verfahren nach Validierungsplan
- Prüfung der optischen Reinheit durch optische Kontrolle, ggf. der chemischen Reinheit durch analytische Methoden und der mikrobiologischen Reinheit durch Oberflächenabklatsch
Werden die Ziele im laufenden Prozess erreicht? Wie werden die Ziele überprüft? Wer überwacht?
- Erstellung eines Monitoringprogramms
- Festlegung der Prüfmethoden und der Prüfmittel
Beispiel:
- Prozessbegleitendes Monitoring
- Mikrobiologisches Hygienemonitoring
- Trendanalyse
Was wird getan, wenn die Ziele nicht erreicht werden? Wie wird auf Abweichungen reagiert?
- Maßnahmen bei Abweichung
- Überarbeitung des bestehenden Konzeptes
Beispiel:
- Festlegung von Maßnahmen bei dreimaliger Überschreitung der Grenzwerte
- Identifizierung der Keime
- Schwachstellenanalyse
- Rücksprache mit der Produktionsleitung und Überprüfung aller Einflussfaktoren, z.B. Änderungen im Produktionsablauf
- Überprüfung der Desinfektionsverfahren
- Überprüfung der Ziele und Grenzwerte
- Personalschulung
Sind alle Dokumente vollständig?
Zusammenstellung und Ordnung aller Dokumente
Beispiel:
Zusammenstellung der notwendigen Unterlagen:
Arbeitsanweisungen, Reinigungs- und Desinfektionspläne, Checklisten, Prüfprotokolle, Aufzeichnungen der Maßnahmen bei Abweichungen, Schulungsnachweise, Unterlagen zu den Mitteln und Gerätschaften
Umsetzung
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