- Technische Sauberkeit
Gerhard Koblenzer
High Purity braucht Technische Sauberkeit in der gesamten Prozesskette
Einfach nur reinigen war gestern
Die gesamte produzierende Industrie befindet sich im technologischen Wandel. Und das weltweit. Veränderte Mobilitätskonzepte, die Digitalisierung sowie Herstellung komplett neuer Produkte führen zu höheren Anforderungen an die Technische Sauberkeit. Reinigen allein reicht da nicht mehr aus. Hochgradig saubere Umgebungen und fein aufeinander abgestimmte Teilabläufe in der gesamten Prozesskette sind ebenso relevant geworden, wie die geeignete Reinigungstechnologie als solches. Das fordert neue Verfahren, Denkweisen sowie ein erweitertes Verständnis bei Anlagen-Herstellern und deren Kunden.
Technische Sauberkeit wird also nicht mehr allein durch den Reinigungsprozess erzeugt. Das war gestern. Bei modernen High Purity-Aufgaben geht es um die Komposition einer ganzheitlichen Prozess-Sinfonie und die Klärung, welche Auswirkungen etwa der Vorprozess auf die Cleanability eines Bauteils hat, wie sich die Reinigung mit ihren unmittelbaren internen Parametern darstellt und wie der Folgeprozess mit seinen qualitätsbeeinflussenden Faktoren beim Transport des sauberen Bauteils zum eigentlichen Verwendungsort („Point of Use“) zu konzipieren ist.
Im Detail betrachtet, hält diesbezüglich jede Branche nochmal ihre eigenen Special Effects bereit: so gehören etwa in der Herstellung von Analysegeräten, in der Medizin-, Hochvakuum- oder Sensortechnik sowie im Bereich Automobil (e-Mobility und Brennstoffzelle) steigende Anforderungen an die Technische Sauberkeit in Bezug auf filmische, pigmentartige oder biologische, toxische und atomare Kontaminationslevel zum Produktionsalltag. Beim beispielsweise AM-Manufactoring – also der Herstellung von 3D-gedruckten Bauteilen mit komplexen geometrischen Ausformungen oder Kapillarstrukturen – wird der definierte Reinheits-Grad auf schwer erreichbaren Oberflächen immer wichtiger. Neben diesen produktrelevanten Faktoren, kommt noch die Forderung der Nachvollziehbarkeit/Validierbarkeit über die gesamte Prozesskette hinweg hinzu.
Erfahrung und Forschung
Die LPW Reinigungssysteme GmbH hat sich in den vergangenen Jahren weltweit als Partner für kundenspezifische Anlagenlösungen im High Purity-Segment etabliert. Die Systeme sind in vielen Hightech-Bereichen im Einsatz und erfüllen höchste Sauberkeitsanforderungen. Darüber hinaus sind die Riedericher Spezialisten intensiv in der Forschung tätig und führen mit Anwendern aus den verschiedenen Branchen im firmeneigenen Test- und Dienstleistungszentrum umfassende Versuchsreihen sowie Lohnreinigung, auch unter Reinraumbedingungen, durch. Die wichtigsten Trends und Prozess-Learnings aus Erfahrung und Forschung im Bereich Fein- und Feinstreinigung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Grundsätzlich:
– Vorprozesse sind bezüglich ihrer positiven und negativen Einflüsse auf den Grad der Technischen Sauberkeit zu beurteilen. Der Fokus liegt auf den Handlingsoperationen, den eingesetzten Hilfs- und Betriebsstoffen oder den Umwelt- und Umgebungsparametern.
– Je stabiler ein Vorprozess bezüglich seiner auftretenden Nettokontamination ist, desto effizienter und sicherer lassen sich die geforderten Sauberkeitsan-forderungen umsetzen.
– Ungeplante Veränderungen, wie etwa der Wechsel von Hilfs-, Betriebsstof-fen oder Werkzeugen, geometrische Veränderungen der Bauteile oder ungeplante Wartezeiten, beeinflussen die Reinigung negativ bis hin zum Scheitern.
Diese Basics gelten in unterschiedlicher Intensität mehr oder minder für jeden Reinigungsprozess. Mit den neuen High Purity-Aufgaben kommen nochmals weitere Merkmale on top:
– Filmische, pigmentartige oder auch biologische, toxische oder atomare Kontaminationen „verstecken“ sich in der laminaren Grenzschicht, direkt auf der Bauteiloberfläche.
– In Verbindung mit einer komplexen, ggf. kapillaren Geometrie oder einer eng gepackten Anordnung des Reinigungsgutes, kommen viele etablierte Reinigungsprozesse und -medien (wässrig oder gasgetragen) nur eingeschränkt oder gar nicht in Frage.
– Dann sind noch die Einflüsse aus den Umgebungsbedingungen (Stichwort Crosskontamination), die Gefahr der Verschmutzung durch die Reinigungsanlage selbst sowie durch den Einsatz ungeeigneter Medien zu beachten.
– Auch der Folgeprozess nach dem Quality Gate „Reinigen“ hält seine eigenen Risiken bereit. Denn es besteht eine zeitliche und räumliche Distanz zwischen der Erreichung eines geforderten Sauberkeitslevels und des Ortes, an dem er benötigt wird. Eine Beschädigung oder Kontamination durch falsches Handling, ungeeignete Verpackung oder nicht geeignete Umgebungsparameter beziehungsweise Alterungs-/Veränderungseinflüsse durch zu lange Lagerung und Wartezeiten, zerstören das mühsam erarbeitete Ergebnis auf dem Weg zur eigentlichen Verwendung.
High Purity von mini bis XXXL
Soweit zur Theorie und Hot-List der High Purity. Adaptiert auf den Anlagen-Alltag, bilden diese Projekte aus dem LPW-Portfolio die Praxis gut ab.
AM-Fertigung: Für einen US-amerikanischen Hersteller von medizinischen Geräten und Implantaten sollten additiv gefertigte Hüftprothesen nach dem 3D-Druck von Pulverrückständen befreit werden. Im Fertigungsprozess ent-steht eine offenporige geometrische Ausformung, die im ersten Schritt mit Pulverresten kontaminiert ist. In Folgeschritten kann es etwa durch eine mechanische Nachbearbeitung zu Verunreinigungen in der Innengeometrie kommen. So sind also zwei Reinigungsprozesse erforderlich. Der erste nach dem Druck, der zweite unmittelbar nach der finalen Bearbeitung vor der Verpackung. LPW konzipierte für diese Aufgabe ein vollautomatisiertes Doppelkammersystem vom Typ PowerJet modular – mit einer Ultraschall-CNp-Kombination in beiden Kammern und der geeigneten Abscheidung der Pulverrückstände.
Komponenten der Hoch-Vakuumtechnik: In diesem Bereich hat man es hauptsächlich mit sensiblen Bauteilen für die Halbleiterproduktion zu tun, die organisch-filmische und molekular-atomare Verunreinigungen aufweisen. So ist der eigentliche Reinigungsprozess durch wesentliche Qualitygates in den Fertigungsablauf eingebunden. Ein solches Gate stellt die Nassreinigung vor dem Reinraum (i. d. R. ISO 5) dar, vorgeschaltet zum reinraumgebundenen „bake out“ in einem Hochvakuumofen zur Erreichung der finalen organischen Sauberkeitsanforderungen. LPW liefert seit vielen Jahren komplexe High Purity-Systeme zur finalen Nassreinigung vor dem ISO-5-Reinraum nach Europa, Asien und Nordamerika. In der EU zählen die direkten und indirekten ASML-Zulieferer, wie z. B. die Trumpf-Semiconductor-Sparte, zu den Anwendern. In den USA sind es Kunden wie Applied Materials. Und in Asien kam kürzlich das erste XXXL-Grade1-System an den langjährigen Partner VAT Malaysia zur Auslieferung. Für die Aufgabenstellungen – die finale Nassreinigung zur Beseitigung der filmischen Kontamination vor dem „bake-out“ im Reinraum – wurden maßgeschneiderte vollautomatisierte Mehrkammersysteme mit einer Mehrfrequenzultraschall-CNp-Kombination in allen Kammern, Ultra-Pure-Water-Spülen sowie einer angepassten (re-kontaminationsfreien) Vakuum-IR-Trocknung gebaut.
Aufgaben der Anlagen-Hersteller
Neue Anforderungen können nicht durch alte Denk- und Vorgehensweisen bewältigt werden. Daher fokussiert sich das LPW-Team seit 2008 auf die neuen Aufgabenstellungen und hat auf Grundlage intensiver Analysen und Auswertungen der Megatrends in den verschiedenen Industriebereichen das Unternehmen inklusive seiner Produkte einem tiefgreifenden Umbau unterzogen, der bis heute agil ist. Neben der Umstrukturierung interner Abläufe sowie Prozesse, stellt die Aus- und Fortbildung der Mitarbeitenden einen großen Schwerpunkt dar. Des Weiteren wurden alle Reinigungsanlagen komplett überarbeitet und weiterentwickelt sowie Listen mit Verbotsmaterialien erstellt. Es erfolgte die Modifikation der Spül- und Trocknungsprozesse und die Anpassung aller Handlings- und Automationssysteme. Das digitale Prozessmonitoring wurde verbessert und befindet sich aktuell wieder in einem intensiven R&D-Prozess, gemeinsam mit externen Spezialisten.
Nicht zuletzt entstand mit dem Applikations-Engineering eine komplett neue Businesseinheit, die neben neuen Dienstleistungsangeboten (z. B. Schulungen, Applikationsplanung und -unterstützung, Prozesssimulation, Effizienzoptimierung bei Energie und Qualität und reinraumbasierter Lohnreinigung), auch die R&D-Aktivitäten koordiniert. All diese technischen Lösungen, Prozesse und Verfahren werden bei LPW gemeinsam mit den Kunden in einem intensiven Co-Engineering entwickelt, erprobt und ständig in Frage gestellt. Manchmal eine Herausforderung für beide Seiten, doch absolut notwendig, wenn die neuen Aufgaben und Anforderungen gelingen sollen.
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