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Waschen, Pflege, Handschuhe – auch sie gehören dazu

Händehygiene: Mehr als nur Desinfektion


Seit dem 05.05.2022 gibt es einen internationalen Aktionstag, der ganz dem Thema Händehygiene gewidmet ist. Denn Händehygiene, in den richtigen Momenten korrekt durchgeführt, ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Unterbrechung von Infektionsketten. Damit zählt die Händehygiene und insbesondere die Händedesinfektion zu einer der wesentlichen Maßnahmen in der Infektionsprävention. Also mehr als merkenswert. Und prinzipiell auch einfach. Wir haben unsere Experten gefragt, was für sie beim Thema Händehygiene am wichtigsten ist und welche Aspekte man sich besonders merken sollte.

Im Interview unsere KollegInnen aus Forschung & Entwicklung, Marketing und Vertrieb mit insgesamt fünf Kernfragen zum Thema Händehygiene und ihrem Merksatz dazu:

1. Händehygiene – was gehört alles dazu, was macht gute Händehygiene aus?

Dr. Henning Mallwitz: Der Begriff Händehygiene wird im Gesundheitswesen oft synonym mit Händedesinfektion verwendet. Die Händedesinfektion ist zweifellos ein Grundpfeiler der Basishygiene: Sie verhindert nachweislich nosokomiale Infektionen und trägt wesentlich zur Patientensicherheit bei. Aber auch die Komponenten Händewaschen, Hautpflege und Handschuhe gehören ebenfalls zur Händehygiene. Denn die Hände müssen auch gereinigt, gepflegt und geschützt werden. Sie sind unser wichtigstes Werkzeug. Wir berühren viele Dinge und viele Menschen mit den Händen. Auf diese Weise können Verunreinigungen und Krankheitserreger übertragen werden, weshalb das indikationsgerechte Desinfizieren und Waschen der Hände sowohl Patienten als auch das Personal selbst schützt. Und auch die Hände selbst müssen geschützt werden: z. B. mit Hilfe von Handschuhen vor Kontaminationen mit Körperflüssigkeiten oder Chemikalien. Sorgfältige Hautpflege hilft dabei, die Haut zu schützen und die natürliche Schutzbarriere zu stärken. Alle Komponenten der Händehygiene sind somit wichtig und ergänzen sich. Gleichzeitig beeinflussen sie sich auch gegenseitig. Nur die Beachtung aller vier Komponenten, die Einhaltung der jeweiligen Indikationen und die verantwortungsvolle Durchführung führen zu einer guten Händehygiene. Und damit zu mehr Patientensicherheit und einem guten Arbeitsschutz. Wenn jede/r Einzelne alle Komponenten gleichermaßen berücksichtigt, steigt insgesamt die Händehygiene-Compliance – und Infektionsrisiken sinken.

2. Händedesinfektion – was ist zu beachten?

Dr. Heide Niesalla: Dank der 5 Momente der Händehygiene sollte eigentlich jedem im Gesundheitswesen bewusst sein, wann eine hygienische Händedesinfektion durchgeführt werden sollte. Für die Patientensicherheit ist vor allem die Indikation „vor aseptischen Tätigkeiten“ besonders wichtig, da es hier zum Eintrag von Erregern in den Körper des Patienten kommen kann. Leider ist genau diese Indikation die, die in der Praxis am häufigsten vergessen wird. Wir plädieren daher dafür, neben den anderen Momenten besonders auf die Händedesinfektion „vor aseptischen Tätigkeiten“ zu achten. D. h. zum Beispiel vor jedem Kontakt mit nicht intakter Haut und Schleimhaut, vor jedem Kontakt mit Wunden, zwischen dem Entfernen eines alten Verbandes und dem Anlegen eines neuen, sterilen Verbandes, vor dem Legen jeder Art von Kathetern u. a. unbedingt eine Händedesinfektion durchzuführen.

Wichtig ist aber nicht nur eine indikationsgerechte, sondern auch die richtige Durchführung der hygienischen Händedesinfektion. Auch hier kann jede/r Einzelne seinen persönlichen Beitrag zum Patientenschutz leisten, wenn sie/er ihre/seine Hände richtig desinfiziert: Bei aller Diskussion um die Einreibezeit (15 Sek. vs. 30 Sek.) ist eine wirksame Händedesinfektion nur gegeben, wenn die Hände vollständig benetzt sind. Denn nur wo die Haut mit ausreichend Desinfektionsmittel in Kontakt ist, werden auch Erreger inaktiviert. Insgesamt gibt es drei Faktoren, die die Benetzung beeinflussen: Die Menge oder das Volumen des Desinfektionsmittels, die Einreibetechnik und die Einreibedauer. Entsprechend ist es für eine wirksame Händedesinfektion notwendig, auf die trockenen (!) Hände so viel Hände-Desinfektionsmittel zu geben, dass die Hände vollständig benetzt werden, und dieses dann gründlich in die Hände einzureiben. Wir empfehlen dabei grundsätzlich eine eigenverantwortliche Einreibetechnik zu befolgen anstelle einer bestimmten Schrittreihenfolge, da die Benetzungsergebnisse dann nachgewiesen besser sind. Da über die Fingerspitzen die meisten Übertragungen von Erregern erfolgen können, sollten diese möglichst zuerst desinfiziert werden. Ebenso sollte man auch ein besonderes Augenmerk auf die Daumen und die Fingerzwischenräume legen, denn diese können schnell vergessen werden.

3. Händewaschen – muss man das überhaupt?

Merle Haldenwang: Kinder lernen als erste Händehygiene-Maßnahme das Händewaschen, was uns somit hinlänglich bekannt sein sollte. Für den privaten Alltag ist das Händewaschen unsere Händehygiene-Maßnahme der Wahl. Aber welche Rolle spielt das Waschen im Gesundheitswesen?

Im Gesundheitswesen ist die häufigste Händehygiene-Maßnahme die Händedesinfektion. Dennoch gibt es Situationen, in denen die Hände gewaschen werden sollten. Wichtig ist, dass beide Maßnahmen ergänzend sind: Während die Desinfektion Krankheitserreger inaktiviert, um Infektionen zu verhindern, dient das Waschen der Reinigung der Hände. Waschlotion wirkt oftmals nicht desinfizierend, da sie keine antimikrobiellen Wirkstoffe enthält; diesen Part übernimmt das Hände-Desinfektionsmittel. Das bedeutet, gewaschen werden die Hände in der Regel, wenn sie „schmutzig“ sind. Ähnlich wie im Privaten: Also zum Beispiel, wenn man zu Arbeitsbeginn von draußen hereinkommt, nach dem Toilettengang, nach dem Niesen oder wenn die Hände aus anderen Gründen (sichtbar) verschmutzt sind. Da beim Waschen mit Wasser und Waschlotion auch Hautfette abgewaschen werden, sollte man sich nur dann die Hände waschen, wenn es wirklich notwendig ist. Auch ist die Wahl eines geeigneten Produkts entscheidend.

Einen besonderen Fall gibt es im Gesundheitswesen allerdings, in dem auch das Händewaschen dem Entfernen von Krankheitserregern dient: im Fall von Kontaminationen mit Bakteriensporen. Da Hände-Desinfektionsmittel nicht gegen Bakteriensporen wirken, kann eine Übertragung auf andere Patienten nur verhindert werden, wenn die Sporen gründlich von den Händen abgewaschen werden. Nach der Versorgung eines Patienten mit einer Clostridioides difficile-Infektion ist somit nach erfolgter hygienischer Händedesinfektion das Händewaschen eine wichtige Indikation, um die auf der Haut befindlichen Sporen zunächst abzutöten und anschließend mechanisch zu entfernen.

Entscheidend für die Wirksamkeit beim Waschen sind, wie auch beim Desinfizieren, die Einreibetechnik und -dauer. Die Hände werden zunächst mit Wasser angefeuchtet und dann mit ausreichend Waschlotion mindestens 20-30 Sekunden gründlich eingerieben, mit besonderem Fokus auf die Fingerspitzen und die Fingerzwischenräume. Danach werden die Hände unter fließendem Wasser abgewaschen und mit einem Einmalhandtuch gründlich abgetrocknet. Dabei ist die Wassertemperatur im Idealfall maximal lauwarm, um die Haut nicht zu sehr zu beanspruchen.

4. Hautpflege – welche Bedeutung hat sie in der Händehygiene?

Dr. Sven Eggerstedt: Gesunde Haut ist die Voraussetzung für alle weiteren Komponenten der Händehygiene. Eine glatte Hautoberfläche bietet weniger Angriffsfläche für Mikroorganismen, rissige Haut dagegen begünstigt deren Ansiedlung. Außerdem lässt sich nur intakte Haut effektiv desinfizieren. Daher sollte man für seine Hände auch Hautpflege regelmäßig anwenden. Hinzu kommt, dass der Zustand der Haut durch weitere Komponenten der Händehygiene beeinflusst wird: Insbesondere häufiges Händewaschen beeinträchtigt den natürlichen Lipidfilm und kann zu spröder und rissiger Haut führen. Beim Handschuhtragen indes kommt es nach einiger Zeit zu einem feuchten Milieu unter dem Handschuh, das die Haut aufquellen lässt. Hier ist die Pflege der Haut besonders wichtig und wird spätestens dann Bestandteil guter Händehygiene.

Wie funktioniert nun aber richtige Hautpflege? Gibt es auch hier spezielle Indikationen und eine Technik bei der Durchführung? Zunächst muss man unterscheiden zwischen Hautschutz und Hautpflege, für die es im Allgemeinen jeweils unterschiedliche Produkte gibt: Hautschutzcreme bildet eine „Barriere” auf der Haut, um vor möglichen Irritationen durch z. B. Feuchtigkeit zu schützen. Diese verwendet man, wenn regelmäßig mehr als zwei Stunden täglich hautbelastende Tätigkeiten durchgeführt werden, vor längerer Handschuhnutzung und vor der Arbeit mit wässrigen Medien. Produkte zur Hautpflege beugen rissiger und trockener Haut vor. Die Hautpflege erfolgt sinnvollerweise nach Arbeitsende, in den Pausen, nach der Händewaschung und regelmäßig bei Bedarf. Kombi-Produkte, die gleichzeitig schützen und pflegen, setzt man entsprechend in jedem der beschriebenen Momente ein. Empfehlenswert sind sicher Produkte mit möglichst wenig, aber maximal pflegenden Inhaltsstoffen.

Nicht zu vernachlässigen ist: Da die Wirksamkeit alkoholischer Hände-Desinfektionsmittel durch die Anwendung von Hautpflegeprodukten beeinträchtigt werden kann, sollte die Kompatibilität von Pflegeprodukt und Hände-Desinfektionsmittel berücksichtigt werden.

5. Handschuhe – welche Rolle spielen sie in der Händehygiene?

Dr. Christian Jenke: Handschuhe sind in der Tat ein relevanter Bestandteil der Händehygiene. Bei der Verwendung von Handschuhen ist zwischen Medizinprodukten (MP) und persönlicher Schutzausrüstung (PSA) zu unterscheiden. Als MP dienen sie primär dem (Infektions-)Schutz des Patienten und als Teil der PSA dem Selbstschutz. Denn Handschuhe schützen das Personal vor Kontaminationen mit potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten eines Patienten oder vor Chemikalien. Dementsprechend sollten Handschuhe bei Tätigkeiten oder in Situationen getragen werden, bei denen die Gefahr besteht, sich zu kontaminieren oder Erreger zu übertragen. Beispielsweise beider Blutabnahme, beim Waschen eines Patienten, aber auch beim Verabreichen von Zytostatika oder beim Ansetzen von Desinfektionsmittel-Lösungen.

Leider wird dies in der Praxis gelegentlich verwechselt und die Handschuhe werden nicht immer richtig eingesetzt; es kommt zu Handschuh-Einsätzen, obwohl dies gar nicht erforderlich ist, also ohne direkte Indikation. In diesen Situationen sind Handschuhe aus infektiologischer Sicht sogar hinderlich: nicht selten werden Handschuhe als Alternative zur Händedesinfektion verwendet oder Indikationen der Händedesinfektion werden nicht eingehalten, weil Handschuhe getragen werden. Damit können Handschuhe sich sogar negativ auf die Patientensicherheit auswirken, da sich ein Übertragungsrisiko über kontaminierte Handschuhe ergibt. Handschuhe ersetzen also keinesfalls die Händedesinfektion, sondern ergänzen diese lediglich bei bestimmten Indikationen als wichtiger Bestandteil der Händehygiene.

Komplementär ergänzt auch die Händedesinfektion ihrerseits den Handschuh-Einsatz, denn bei bestimmten Prozessen bestehen zusätzlich zum Handschuh-Einsatz immer Händedesinfektions-Indikationen, die eingehalten werden müssen: vor aseptischen Tätigkeiten, bei der Blutabnahme, nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material bei der Wundversorgung.
Unbedingt notwendig ist eine Händedesinfektion nach dem Ablegen der Handschuhe, da die Kontaminationsgefahr der Hände mit potenziell infektiösem Material wie z. B. Blut beim Handschuh-Ablegen groß ist.

Seit einiger Zeit wird das Thema Handschuhdesinfektion diskutiert. Die KRINKO hat sich hierzu bereits eindeutig positioniert. Behandschuhte Hände sollen demnach nur in Ausnahmefällen desinfiziert werden, wenn anderenfalls der Arbeitsprozess nicht gewährleistet werden kann. Wichtig aus unserer Sicht ist ein bewusster Umgang mit Handschuhen. Der Anwender muss sich darüber im Klaren sein, bei welchen Indikationen Handschuhe verwendet werden und wie er sicherstellt, dass die Händehygiene insgesamt gesehen nicht darunter leidet. Auch die Tragedauer der Handschuhe sollte so kurz wie möglich gehalten werden, damit die Haut der Hände nicht beeinträchtigt wird.

 





BODE Chemie GmbH
22525 Hamburg
Germany


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