- Auszeichnung
Hartwig Piepenbrock-DZNE-Preis würdigt Forschung über Hirnerkrankungen
Auszeichnung für den Neurowissenschaftler Michel Goedert
An diesem Montag hat der Neurowissenschaftler Michel Goedert aus dem britischen Cambridge den mit 60.000 Euro dotierten „Hartwig Piepenbrock-DZNE-Preis“ erhalten. Die Preisverleihung fand in der Bonner Bundeskunsthalle im Beisein von Thomas Romes, Ministerialdirigent im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) statt. Goedert wurde für seine bahnbrechenden Erkenntnisse über die molekularen Mechanismen neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson geehrt. Der gebürtige Luxemburger forscht am MRC Laboratory of Molecular Biology in Cambridge. Die Auszeichnung wird gemeinsam von der Piepenbrock Unternehmensgruppe und dem DZNE verliehen.
„Michel Goedert ist ein wissenschaftlicher Pionier, der zum Verständnis der Mechanismen neurodegenerativer Erkrankungen maßgeblich beigetragen hat. Seine Erkenntnisse über Proteinaggregate, wie sie bei Alzheimer, Parkinson und anderen Hirnerkrankungen auftreten, sind bahnbrechend. Diese Arbeiten geben tiefe Einblicke in die Entstehung dieser Erkrankungen und helfen maßgeblich bei der Suche nach besseren Therapien. Solche Forschung ist dringend nötig, denn bislang gibt keine Heilmittel gegen Neurodegeneration“, so Professor Pierluigi Nicotera, Vorstandsvorsitzender des DZNE.
Öffentliche Diskussion fördern
„Mit dem Hartwig Piepenbrock-DZNE-Preis wollen wir herausragende Forschungsergebnisse zu Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen in den Vordergrund rücken und die Wissenschaftler dahinter ehren“, so Olaf Piepenbrock, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Unternehmensgruppe. „Aber auch die öffentliche Diskussion ist uns wichtig. Wir möchten über Demenzerkrankungen sprechen. In der Gesellschaft und gemeinsam mit Patienten und Angehörigen. Denn neurodegenerative Erkrankungen bedeuten enorme physische und psychische Belastungen. Neben der Unterstützung der Spitzenforschung, sehen wir unsere Aufgabe deshalb darin, für ein besseres Verständnis der Bedürfnisse von Menschen mit Alzheimer und deren Familienmitgliedern zu sorgen.“
Auszeichnung für Spitzenforschung
Seit 2011 zeichnet der „Hartwig Piepenbrock-DZNE Preis“ alle zwei Jahre herausragende Forschung über neurodegenerative Erkrankungen aus. Diese Erkrankungen – darunter Alzheimer, Parkinson und Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) – sind durch Funktionsstörungen von Nervenzellen und deren Verlust gekennzeichnet. Mögliche Folgen sind Demenz, Bewegungsstörungen und andere schwerwiegende Beeinträchtigungen der Gesundheit. Bis heute gibt es keine Heilmittel. Der Preis wird von der Piepenbrock Unternehmensgruppe gestiftet und im Andenken an deren ehemaligen geschäftsführenden Gesellschafter Hartwig Piepenbrock vergeben, der an den Folgen einer Demenzerkrankung verstarb. Er hatte sich über viele Jahre für Kunst, Wissenschaft und die Gesellschaft engagiert. Die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger erfolgt durch ein internationales Komitee unter Koordination des DZNE. Bei dieser Gelegenheit wurde die Auszeichnung zum sechsten Mal verliehen.
Über den Preisträger
Michel Goedert wurde 1954 in Luxemburg geboren. Er studierte Medizin in Basel, und promovierte in Pharmakologie an der Universität Cambridge, UK. Im Jahr 1984 wurde er Postdoktorand am Medical Research Council (MRC) Laboratory of Molecular Biology in Cambridge. Seit 1988 ist er dort „Programme Leader“. Seine Forschungsinteressen gelten den Mechanismen neurodegenerativer Erkrankungen, insbesondere Eiweißmolekülen, die im Menschen natürlicherweise vorkommen, sich jedoch in den Gehirnen von Patientinnen und Patienten in krankhafter Weise anhäufen. In diesem Zusammenhang hat sich Goedert mit dem sogenannten Tau-Protein und mit dem Protein „Alpha-Synuclein“ befasst.
Tau-Proteine stabilisieren normalerweise Transportbahnen innerhalb von Nervenzellen. Bei Alzheimer und mehreren anderen Hirnerkrankungen lösen sich die Tau-Proteine jedoch vom Zellgerüst und verklumpen, wobei unlösliche Aggregate entstehen. Goedert trug entscheidend zum Verständnis dieses Phänomens bei, da er zeigte, dass Tau-Proteine eine wesentliche Komponente der fadenartigen Ablagerungen sind, die in den Gehirnen von Menschen mit Alzheimer vorkommen. Außerdem fand er Genmutationen, die zu fehlerhaftem Tau-Protein und letztlich zu Demenz führen. Seine Studien lieferten überdies Belege dafür, dass sich Tau-Aggregate in einer Kettenreaktion, bei der ständig neue Aggregate entstehen, im Gehirn ausbreiten können.
Des Weiteren konnte Goedert nachweisen, dass das Protein Alpha-Synuclein der Hauptbestandteil mikroskopischer Ablagerungen ist, die in den Gehirnen von Menschen mit Parkinson, Lewy-Körperchen-Demenz und sogenannter Multisystematrophie auftreten. Seine Studien lieferten zudem wichtige Erkenntnisse über die molekulare Struktur von Alpha-Synuclein-Aggregaten und – ähnlich wie im Falle des Tau-Proteins – Belege dafür, dass sich diese Aggregate nach und nach im Gehirn verbreiten können, wodurch der Krankheitsprozess voranschreitet.
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