- Temperatur
Referenzkörper für sicheres Monitoring von Blutkonserven
Für die sichere Lagerung von Blutkonserven in Kühlschränken ist die Temperatur im Produkt ausschlaggebend. Dafür wird ein passender Referenzkörper für eine zuverlässige Temperaturüberwachung benötigt.
Blutbanken und Krankenhäuser bewahren Blut in der Regel in speziellen Kühlschränken auf. Nach Norm sollen die Konserven bei vier Grad Celsius ± zwei Kelvin gelagert sein. Wird dieser Wert über- oder unterschritten, kann dies das Produkt schädigen.
„Temperaturschwankungen entstehen zum einen durch die Zwei-Punkt-Regelung des Kühlschranks, die ihn kontinuierlich an- und abschaltet“, erklärt Joachim Keller, Qualifizierungsingenieur bei der BRIEM Steuerungstechnik GmbH in Nürtingen bei Stuttgart. „Zum anderen öffnet und schließt das Personal immer wieder die Tür des Geräts, um Konzentrate zu lagern oder zu entnehmen.“ Die WHO Weltgesundheitsorganisation schreibt in einem Leitfaden, dass Arzneimittel – und dazu gehören Blutkonserven – hinsichtlich Temperatur oder relativer Luftfeuchtigkeit besonders aufbewahrt werden müssen. Die medizinischen Einrichtungen sollten dies ermöglichen, aber auch überprüfen, überwachen und aufzeichnen können.
Doch diese Forderung sei relativ ungenau definiert, meint der BRIEM-Experte. „Soll der Nutzer nun die Bedingungen des Lagerorts überwachen oder die im Produkt?“ Das Ziel ist die sichere Lagerung der Blutkonserven und damit die Garantie, dass sich diese bedenkenlos verwenden lassen. „Aus unserer Sicht ist dafür die Temperatur im Produkt ausschlaggebend, nicht die Umgebungstemperatur“, sagt Joachim Keller.
Mit unterschiedlichen thermischen Eigenschaften
Weil eine Messung in der Blutkonserve aus Gründen der Produktsicherheit und -hygiene ausscheidet, überwachen Anwender in der Praxis häufig nur die Luft im Innenraum des Kühlschranks. Doch wegen der thermischen Eigenschaften von Luft kann der Anwender aus dieser Messung nur ungenau auf die Temperatur der darin gelagerten Produkte schließen. „Während sich die Lufttemperatur durch das kontinuierliche An- und Abschalten sowie durch das Öffnen und Schließen der Schranktür verändert, bleibt die Temperatur der Blutkonserve fast konstant“, beschreibt Joachim Keller. „Die Temperaturleitfähigkeit von Luft liegt bei etwa 20 Quadratmillimetern in der Sekunde, die von menschlichem Blut bei ungefähr 0,13 Quadratmillimetern in der Sekunde.“ Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Temperaturänderung von Luft sei somit etwa 150-mal schneller. Das bedeutet: In der Praxis benötigt die Luft im Kühlschrank knapp fünf Minuten, um sich von vier auf sechs Grad Celsius zu erwärmen. Das Blut hingegen benötigt etwa zwei Stunden und 45 Minuten. Die Temperatur des Blutproduktes stimmt bei Temperaturänderungen also nicht mit der Lufttemperatur im Innenraum des Kühlschrankes überein.
Die DIN 58371-Blutkonservenkühlgeräte definiert genau, wie eine Überwachung des Erythrozyten-Konzentrats durchzuführen ist. So muss zusätzlich zum Temperaturregler eine Sicherheitseinrichtung vorhanden sein, deren Messsensor sich in mindestens einem Referenzkörper befindet, der sicherstellt, dass das gesamte Produkt noch die zulässige Temperatur besitzt.
Welcher Referenzkörper passt?
Und welche Eigenschaften muss dieser Referenzkörper besitzen? „Das Material sollte den gleichen oder einen sehr ähnlichen Temperaturverlauf wie die zu kühlenden Blutkonserven aufweisen“, erklärt Joachim Keller. Die Messresultate hätten dann eine hohe Aussagekraft über die tatsächliche Temperatur im Produkt. BRIEM Steuerungstechnik hat verschiedene Versuche durchgeführt, um das passende Material für den Referenzkörper zu finden. „Für den Versuchsaufbau haben wir die Blutkonserven in einem Kühlschrank gelagert, der mit einer Betriebstemperatur von genau vier Grad Celsius ± zwei Kelvin arbeitet und eine Nettokapazität von 130 Litern aufweist. Im Einsatz waren sechs PT1000-Messfühler.
Die Blutkonserve befand sich in einem 210-Milliliter-Beutel. Dort haben die BRIEM-Fachleute einen Messfühler eingebracht, um im direkten Kontakt die Temperatur der Erythrozyten zu messen. „Für den Referenzkörper hatten wir verschiedene Materialien zur Auswahl, deren thermischen Eigenschaften, denen von Blut sehr ähnlich sind“, berichtet Joachim Keller. BRIEM entschied sich für die Flüssigkeiten Glycerin und Propylenglykol sowie den festen Thermoplast Polyoxymethylen und Aluminium. Die Messfühler wurden ebenfalls in die verschiedenen Flüssigkeiten gelegt. Die Feststoffe dagegen lagen in Blockform vor, der Messfühler wurde in eine Bohrung eingebracht. „Um die unterschiedlichen Temperaturverläufe vergleichen zu können, haben wir die Daten aller Messfühler über den gesamten Zeitraum des Versuchs mit der BRIEM Monitoring-Software aufgezeichnet“, beschreibt Joachim Keller. Der Versuch lief über zwei Tage.
Die Temperaturänderungen von Glycerin als auch von Propylenglykol waren jeweils zu hoch, um sich als Referenzkörper für Blutkonserven zu eignen. Zum Zeitpunkt der größten Erwärmung betrug die Temperaturdifferenz etwa ein beziehungsweise 1,5 Kelvin. Bei Aluminium lag diese im gleichen Zeitraum bei etwa 0,7 Kelvin. Ganz anders hingegen Polyoxymethylen. Der Temperaturverlauf ist dem der Blutkonserve sehr ähnlich. „Wir konnten anhand der Werte des Messfühlers in dem Kunststoffblock die Temperatur des Bluts mit einer maximalen Abweichung von 0,3 Kelvin bestimmen“, berichtet Joachim Keller. Im Zeitraum des stärksten Temperaturanstiegs lagen die Temperaturkurven sogar fast übereinander. „Polyoxymethylen eignet sich daher, um zuverlässige Aussagen über die Temperatur von Blutkonserven zu treffen, ohne die Produktsicherheit zu gefährden“, erläutert Joachim Keller. Aufgrund dieser Erkenntnisse hat BRIEM Steuerungstechnik die getesteten Referenzkörper aus Polyoxymethylen in ihr Lieferprogramm aufgenommen.
Fazit
Sicheres Monitoring ist möglich. Bei der für Blutkonserven vorgegebenen Lagertemperatur ergibt sich eine Spanne zwischen zwei und sechs Grad Celsius. Für das Monitoring könnte der Warnwert beispielsweise auf 5,5 Grad Celsius festgelegt werden. Sobald dieser Wert im Referenzkörper erreicht ist, erfolgt eine Warnung. „Ist dieser Warnwert erreicht, hat der Anwender noch etwa 30 Minuten, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen“, sagt Joachim Keller. „Er ist damit stets auf der sicheren Seite".
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