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Arburg: Maschinen- und Anwendungs-Highlights für Medizintechnik
Arburg zeigte auf der Fakuma 2021 drei anspruchsvolle Anwendungen für die Medizintechnik: Eine Zwei-Komponenten-Maschine der neuen Baureihe Allrounder More produziert im Montage-Spritzgießen gebrauchsfertige „Lab-on-a-Chip“ – mehrere Prüfstationen inklusive. Wie Maschine und Werkzeug künftig kommunizieren, demonstrierte ein hybrider „Packaging“-Allrounder in Reinraumausführung bei der Fertigung transparenter Blutröhrchen. Weiterhin wurde die die produktionseffiziente Fertigung von LSR-Masken demonstriert. Hier sind die Dosieranlage und das Robot-System digital an die Maschine angebunden.
Das Mehrkomponenten-Spritzgießen mit innovativer Maschinen- und Werkzeugtechnik eröffnet immer neue Anwendungsfelder. Durch das Montagespritzgießen kann beispielsweise auf nachgelagerte Arbeitsschritte wie Montage, Ultraschallschweißen oder Verkleben verzichtet werden. Mittels Digitalisierung lassen sich etwa LSR-Dosieranlagen einbinden und neue Schnittstellen zum Werkzeug schaffen. Das alles bietet den weiteren Anbieterangaben zufolge deutlichen Mehrwert bei der Fertigung medizinischer Produkte.
Hybrider Allrounder für medizinische Massenartikel
Am Beispiel von Blutröhrchen aus transparentem, bruchsicherem PET zeigte Arburg auf der Fakuma 2021 die produktionseffiziente und qualitativ hochwertige Fertigung medizintechnischer Massenartikel. Zum Einsatz kam ein hybrider Allrounder 630 H „Packaging“ mit 2.300 kN Schließkraft in Reinraumausführung. Ein Reinluftmodul mit Ionisierung sorgte für partikelarme Luft im Arbeitsbereich, während der erhöhte Maschinenständer eine optimale Reinigung ermöglichte. Die Hochleistungsmaschine war mit einem 32-fach-Werkzeug des Partners Hack ausgestattet. Die Zykluszeit betrug rund 6,5 Sekunden, das Schussgewicht 227 Gramm. Daraus resultierte ein hoher Durchsatz von rund 27 Kilogramm oder 17.700 Blutröhrchen in der Stunde.
Neue Schnittstelle zwischen Maschine und Werkzeug
Ein Novum bei dieser Anwendung war den weiteren Anbieterangaben zufolge die Kommunikation zwischen Werkzeug und Maschine, die Arburg und gemeinsam mit dem Werkzeugpartner Hack entwickelte. Im Werkzeug des Exponats waren zwei Kameras integriert, die Bilder oder Videos beispielsweise von Werkzeugtrennung und Teileausstoß machen können, sowie vier Wegsensoren. Hinzu kamen vier Klopfsensoren für die Säulenführungen. Auf diese Weise lassen sich Werkzeugatmung und Abweichungen der Position beim Schließen oder Trennen erfassen. Bei der Messeanwendung wurden die Daten über eine digitale Box auf dem Werkzeug gesammelt und über OPC UA an den Allrounder weitergegeben. Auf diese Weise konnten von der Maschinensteuerung beispielsweise auch leistungsabhängige Wartungsintervalle für das Werkzeug angezeigt werden.
2K-Maschine: Allrounder More fertigt “Lab-on-a-Chip”
Messepremiere feierte die Baureihe Allrounder More. Das Exponat mit 1.600 kN Schließkraft produzierte im Montage-Spritzgießen und mit zwei Spritzprogrammen in einem Schritt gebrauchsfertige „Lab-on-a-Chip aus transparentem PC. Auf nachträgliche Montage oder Fügen konnte verzichtet werden. Für diese anspruchsvolle medizintechnische Anwendung war die Maschine mit einem innovativen 2+2-fach-Werkzeug der Firma Weber ausgestattet. Über die vertikale Spritzeinheit der Größe 170 wurden zunächst zwei Halbschalen mit filigranen Fluidik-Konturen (200 Mikrometer) spritzgegossen und gleichzeitig mit der horizontalen Spritzeinheit der Größe 400 die zugehörigen zweiten Hälften. Statt diese mit einem Robot-System umzusetzen, drehte das Werkzeug um 90 Grad, wobei die beiden Spritzteile auf der Düsenseite übereinander positioniert und direkt aufeinandergesetzt wurden.
Im zweiten Spritzprogramm wurde über die vertikale Spritzeinheit per Nadelverschlussdüse ein Mittelteil gespritzt und damit der Hohlraum zwischen den beiden Komponenten ausgefüllt. Dadurch waren die beiden Hälften stoffschlüssig verbunden und die Fluidkanäle abgedichtet. Auf diese Weise entstand in rund 45 Sekunden Gesamtzykluszeit ein komplettes, dichtes „Lab-on-a-Chip“ aus transparentem PC samt Anschlüssen für die Zufuhr der Fluidik-Lösungen, z.B. per Luer-Lock- oder Luer-Slip-Gewinde.
Ein vertikales Robot-System Multilift V 30 entnahm die transparenten Zwei-Komponenten-Spritzteile und übergab sie an einen Rundtakttisch. Dort wurde im Rahmen einer 100-Prozent-Kontrolle jedes „Lab-on-a-Chip“ an vier Stationen optisch und mit Druckluft auf Geometrie horizontal, Kanaltiefe und -breite, Dichtheit sowie Geometrie vertikal und Verunreinigungen geprüft. Schließlich legte der Multilift V 30 die IO-Teile auf ein Förderband ab.
LSR-Verarbeitung: Multifunktionale Mund-Nasen-Maske
Vergangenes Jahr realisierte Arburg ein herausforderndes Corona-Projekt: Die Fertigung multifunktionaler Mund- und Nasenmasken aus LSR und PP, die sich problemlos sterilisieren und mehrfach verwenden lassen. Vom Prototypen bis zur Serienreife dauerte die Entwicklung nur ganze 41 Tage. Die Anwendung, entstand in Kooperation mit namhaften Herstellern von Werkzeugen (Polarform), Dosieranlagen (Elmet) und Material (Wacker).
Ein elektrischer Allrounder 570 E Golden Electric mit 2.000 kN Schließkraft fertigt in 55 Sekunden Zykluszeit je vier weiche LSR-Masken, die über Nase und Mund gestülpt werden. Die Dosieranlage ist über OPC UA (Euromap 82.3) in die Allrounder-Steuerung integriert, um von dort zentral Einstellungen vorzunehmen, die Dosierparameter abzurufen und den Datensatz abzuspeichern. Er passt somit immer 1:1 zum Werkzeug. Relevante Eingabeparameter wie Materialdruck, Farb- und Additiv-Einstellungen sowie Restlaufzeiten werden transparent und einfach kommuniziert. Ein ebenfalls komplett in die Steuerung integriertes lineares Robot-System Multilift Select entnimmt die flexiblen Masken. Luftkanäle im Greifer sorgen mit ihrer Ausblasfunktion dafür, das Vakuum im Werkzeug zu reduzieren. Schließlich werden die flexiblen LSR-Masken auf ein Förderband abgelegt.
ARBURG GmbH + Co KG
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