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Neue Studie: Physiker identifizieren Energiezustände von einzelnen Atomen nach Zusammenstoß

Professor Herwig Ott (li.) und Philipp Geppert forschen an der TU Kaiserslautern zu ultrakalten Quantengasen und Quantenatomoptik. (Foto: Koziel/TUK)
Professor Herwig Ott (li.) und Philipp Geppert forschen an der TU Kaiserslautern zu ultrakalten Quantengasen und Quantenatomoptik. (Foto: Koziel/TUK)
Professor Herwig Ott (li.) und Philipp Geppert haben eigens ein spezielles Mikroskop entwickelt, mit dem sie die Impulse der Atome direkt gemessen haben. (Foto: Koziel/TUK)
Professor Herwig Ott (li.) und Philipp Geppert haben eigens ein spezielles Mikroskop entwickelt, mit dem sie die Impulse der Atome direkt gemessen haben. (Foto: Koziel/TUK)

Physikern der Technischen Universität Kaiserslautern um Professor Dr. Herwig Ott ist es erstmals gelungen, Stöße zwischen hochangeregten Atomen, sogenannten Rydbergatomen, und Atomen im Grundzustand zu beobachten. Das Besondere: Sie können die Energiezustände der einzelnen Atome genau identifizieren. Das war bislang nicht möglich. Dafür haben die Forscher eigens ein spezielles Mikroskop entwickelt, mit dem sie die Impulse der Atome direkt gemessen haben. Die beobachteten Prozesse sind wichtig für das Verständnis von interstellarem Plasma und von im Labor erzeugten ultrakalten Plasmen. Die Studie ist in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ erschienen.

In ihrem Experiment haben die Physiker eine Wolke aus Rubidiumatomen verwendet, die im Ultrahochvakuum auf etwa 100 Mikrokelvin – also 0,0001 Grad über dem absoluten Temperaturnullpunkt – heruntergekühlt wurde. Einige dieser Atome haben sie anschließend mithilfe von Lasern in einen sogenannten Rydbergzustand angeregt. „Hierbei wird das jeweils äußerste Elektron auf weit entfernte Bahnen um den Atomrumpf gebracht“, erläutert Professor Herwig Ott, der an der TU Kaiserslautern zu ultrakalten Quantengasen und Quantenatomoptik forscht. „Der Bahnradius des Elektrons kann dabei mehr als ein Mikrometer betragen und die Elektronenwolke wird damit größer als ein kleines Bakterium.“ Solche hoch angeregten Atome entstehen auch im interstellaren Raum im Weltall und sind chemisch äußerst reaktiv.

Treffen nun ein Rydbergatom und ein Atom im Grundzustand aufeinander, kommt es zu einem sogenannten inelastischen Stoß. „Hierbei taucht das Atom im Grundzustand tief in den Orbit des Rydbergelektrons ein“, fährt er fort. Die sich anschließende Moleküldynamik der beiden Atome ist hoch komplex und führt zu ihrer Trennung, wobei sich die Umlaufbahn des Elektrons geändert hat.

„Bei dieser Zustandsänderung kann sich sowohl die Hauptquantenzahl als auch die Drehimpulsquantenzahl des Elektrons ändern“, sagt Philipp Geppert, der Erstautor der Studie ist. Er erklärt weiter: „Aus der Verteilung dieser finalen Zustände können wir jetzt neue Erkenntnisse über atomare Stoßprozesse gewinnen, bei denen sowohl große als auch kleine internukleare Abstände wichtig sind.“

Das Rydbergelektron kehrt bei diesem finalen Zustand auf eine Bahn zurück, die dichter am Atomkern ist. Dabei wird Energie freigesetzt. Diese wird in Form von kinetischer Energie an beide beteiligten Atome übertragen, die sich aufgrund der Impulserhaltung in entgegengesetzte Richtungen auseinanderbewegen.

Diese Bewegung kann nun mit einem Impulsmikroskop beobachten werden, das die Wissenschaftler eigens für das Experiment entwickelt haben. Das Grundprinzip ist dabei recht einfach: Die neutralen Atome werden mit einem Laserpuls ionisiert und mithilfe eines schwachen elektrischen Feldes auf einen ortsempfindlichen Detektor gelenkt. Der Auftreffpunkt hängt von der Anfangsgeschwindigkeit der Atome ab und gibt so deren Impuls an. Das Mikroskop kann dabei kleinste Geschwindigkeitsdifferenzen auflösen, sodass es möglich ist, die Endzustände der einzelnen Atome genau zu identifizieren.

Die Erkenntnisse helfen grundlegende atomare Prozesse im Plasma zu verstehen. Hierbei handelt es sich um ein Gemisch aus verschiedenen Teilchen wie Elektronen, Ionen, Atomen und Molekülen. In der Forschung spielt Plasma eine wichtige Rolle, um zum Beispiel die Wechselwirkung zwischen den Teilchen genauer zu untersuchen. Da es auch im Weltraum vorkommt, können Ergebnisse aus dem Labor für die Astrophysik relevant sein, um beispielsweise besser zu verstehen, welche chemischen und physikalischen Prozesse im interstellaren Raum ablaufen.

Die Arbeiten zu dieser Studie fanden im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Giant Interactions in Rydberg Systems“ statt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Durchgeführt wurden sie im Profilbereich OPTIMAS (Landesforschungszentrum für Optik und Materialwissenschaften), der seit 2008 als Teil der Forschungsinitiative des Landes gefördert wird.

Die Resultate der Messungen sowie eine Beschreibung des experimentellen Aufbaus sind in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ erschienen: „Diffusive-like redistribution in state-changing collisions between Rydberg atoms and ground state atoms“; Philipp Geppert, Max Althön, Daniel Fichtner & Herwig Ott
https://www.nature.com/articles/s41467-021-24146-0
DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-021-24146-0

Fragen beantwortet:

Prof. Dr. Herwig Ott
Fachgebiet Ultrakalte Quantengasen und Quantenatomoptik / TU Kaiserslautern
Tel.: 0631 205-2817
E-Mail: ott@physik.uni-kl.de


Weitere Informationen


Technische Universität Kaiserslautern
67663 Kaiserslautern
Deutschland

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