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Computer als Designer magnonischer Bauteile

Schema des inversen Designprozesses für magnonische Bauteile. (Bild: Chloe Kim, Time Illustration Studio) / The sketch of inverse-design magnonics (© Chloe Kim, Time Illustration Studio)
Schema des inversen Designprozesses für magnonische Bauteile. (Bild: Chloe Kim, Time Illustration Studio) / The sketch of inverse-design magnonics (© Chloe Kim, Time Illustration Studio)

Magnonische Bauelemente haben das Potenzial, die Elektronikindustrie zu revolutionieren. Qi Wang und Andrii Chumak von der Universität Wien sowie Philipp Pirro von der TU Kaiserslautern, haben das Design von vielseitigen magnonischen Bauelementen durch einen rückkopplungsbasierten Algorithmus erheblich beschleunigt. Ihr „inverses Design“ von magnonischen Bauelementen wird jetzt in Nature Communications veröffentlicht.

Das Feld der Magnonik bietet eine neue Art der energiesparenden Informationsverarbeitung, bei der Magnonen, die Quanten der Spinwellen, anstelle von Elektronen Daten übertragen und verarbeiten. Das Ziel dieses Feldes ist es, magnonische Schaltungen zu schaffen, die kleiner und energieeffizienter als die derzeitigen elektronischen Schaltungen sind.

Bis vor kurzem konnte die Entwicklung eines funktionsfähigen magnonischen Bauelements Jahre des Ausprobierens in Anspruch nehmen. Nun haben Forscher der Universität Wien und der TU Kaiserslautern eine neue Methode entwickelt, die es erlaubt, neue Bauelemente in einem wesentlich kürzeren Zeitraum zu entwerfen. Darüber hinaus hilft die durch diese neuartige sogenannte „inverse Entwurfsmethode“ hinzugewonnene Effizienz, ein bisheriges Problem zu überwinden: die Bauteile waren nur für eine einzige Funktion geeignet. Dank des vorgeschlagenen neuen Konzepts kann ein Basisgerät nun leicht modifiziert werden, um jede beliebige Funktion auszuführen.

Qi Wang, der Erstautor der in Nature Communications veröffentlichten Studie, schlug vor, eine Methode, die im Bereich der Photonik eingesetzt wurde, auf die Magnonik zu übertragen, wo der Ansatz nachweislich noch besser funktioniert. Die drei in der Abbildung dargestellten Grundprinzipien helfen, den Prozess zu erklären. Zunächst legen die Forscher die gewünschte Funktion des Bauteils fest, zum Beispiel eines Y-Zirkulators, eine der häufigsten Komponenten zur Trennung von Signalrichtungen in der Systemtechnik.  Dieses Bauteil ist eine Vorrichtung, die Spinwellen von einem Anschluss in einen anderen Anschluss leitet, entsprechend der Zirkulationsbedingung: die Welle von Anschluss 1 soll in Anschluss 2 geleitet werden, die Welle von Anschluss 2 in Anschluss 3 und von Anschluss 3 in Anschluss 1. Als nächstes wird diese „Aufgabe“ in eine Computersprache übersetzt. Schließlich generiert der Computer zufällige Strukturen und optimiert diese Schritt für Schritt, um die gewünschte Funktionalität zu erreichen. Dieser Prozess aus Versuch und Irrtum wird mit sehr hoher Geschwindigkeit durchgeführt und führt dank eines intelligenten Algorithmus zu einer optimierten Lösung. Das Ergebnis ist der Entwurf eines funktionierenden Geräts mit den von den Forschern anvisierten Funktionalitäten. Dies, wie Dr. Wang von der Universität Wien es ausdrückt: „[...] öffnet die Tür zu großen integrierten magnonischen Schaltungen, mit beliebiger Funktionalität und hoher Komplexität.“

Der vorgestellte Ansatz macht das Entwerfen mit zeitaufwendigen Experimenten überflüssig und betont stattdessen die Bedeutung der Vorstellungskraft der Forscher, die die Parameter und Ziele für die vom Computer entworfenen Geräte festlegen. Ein Beispiel für diesen kreativen Prozess kommt von Philipp Pirro, Wissenschaftler an der TU Kaiserslautern: „Mit Inverse-Design könnte man Neuronen entwickeln, wie sie in unserem Gehirn vorkommen, nur eben aus magnonischen Elementen aufgebaut sind.“

Die Euphorie über die Möglichkeiten dieses Ansatzes beruht auf seiner Fähigkeit, verschiedenste Funktionalitäten zu schaffen. In ihrem Artikel beschreiben die Wissenschaftler, wie sie eine Reihe von verschiedenen Geräten erstellt haben. So realisierten sie neben dem erwähnten Y-Zirkulator einen „Multiplexer“, der eine Welle mit einer bestimmten Frequenz in einen Kanal und eine Welle mit einer anderen Frequenz in einen anderen Kanal trennt. Diese Art von Geräten wird in unserem täglichen Leben dazu eingesetzt um schnelles Internet zu ermöglichen. Das letzte demonstrierte Gerät ist ein „nicht-linearer Schalter“, der Spin-Wellen unterschiedlicher Energie trennt: Er sendet eine Welle mit niedriger Leistung an einen Ausgang und eine Welle mit hoher Leistung an einen anderen. Andrii Chumak, Leiter der Forschungsgruppe an der Universität Wien, weist jedoch darauf hin: „Unsere Studie eröffnet ein neues Feld mit großen Perspektiven, die invers-designte Magnonik. Dieser Ansatz ist bisher nur numerisch demonstriert worden. Die nächste große Herausforderung besteht darin, ihn in Experimenten umzusetzen.“

Bezüglich des Potenzials ihrer Erkenntnisse kommentiert Qi Wang scherzhaft: „Hätte ich den inversen Designansatz schon zu Beginn meines Studiums gehabt, wäre ich viel schneller mit meiner Promotion fertig geworden!“


Technische Universität Kaiserslautern
67663 Kaiserslautern
Deutschland


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