Magnonik Nanofasern ebnen den Weg zu einer neuen Art von Computern
Magnetismus bietet einerseits neue Möglichkeiten, leistungsstärkere und energieeffizientere Computer zu entwickeln, andererseits ist die Realisierung des magnetischen Rechnens auf der Nanoskala eine anspruchsvolle Aufgabe. Über einen entscheidenden Fortschritt auf dem Gebiet der Berechnungen mit ultraniedrigem Leistungsbedarf mittels magnetischer Wellen berichtet ein Forscherteam aus Kaiserslautern, Jena und Wien in der Zeitschrift Nano Letters.
Eine lokale Störung in der magnetischen Ordnung eines Magneten kann sich wellenförmig über ein Material ausbreiten. Diese Wellen werden als Spinwellen und die zugehörigen Quasi-Teilchen als Magnonen bezeichnet. Wissenschaftler der Technischen Universität Kaiserslautern, von Innovent e.V. aus Jena und der Universität Wien sind bekannt für ihre Expertise auf dem Forschungsgebiet „Magnonik“. Hier werden Magnonen für die Entwicklung neuartiger Computertypen eingesetzt, die die heute üblichen, auf Elektronen basierenden Prozessoren möglicherweise ergänzen.
„Eine neue Computergeneration mit Magnonen könnte leistungsfähiger sein und vor allem weniger Energie verbrauchen. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass wir in der Lage sind, sogenannte Monomoden-Wellenleiter herzustellen, die es uns ermöglichen, fortschrittliche wellenbasierte Signalverarbeitungsschemata zu nutzen“, sagt Juniorprofessor Philipp Pirro, einer der führenden Wissenschaftler des Projekts. „Dazu müssen die Dimensionen unserer Strukturen in den Nanometerbereich verschoben werden. Die Entwicklung solcher Datenleitungen eröffnet zum Beispiel einen Zugang zur Entwicklung neuromorpher Computersysteme, die sich an der Funktion des menschlichen Gehirns orientieren."
Die Skalierung der Magnonik-Technologie auf die Nanoskala ist jedoch eine Herausforderung: „Ein sehr vielversprechendes Material für magnetische Anwendungen ist Yttrium-Eisen-Granat (YIG). YIG ist eine Art 'edles magnetisches Material', da Magnonen darin etwa hundertmal länger als in anderen Materialien überdauern“, sagt der Projektleiter, Professor Andrii Chumak von der Universität Wien. „Aber alles hat seinen Preis: YIG ist sehr komplex und schwer zu handhaben, wenn man versucht, winzige Strukturen daraus herzustellen. Deshalb waren YIG-Strukturen jahrzehntelang millimetergroß, und erst jetzt ist es uns gelungen, auf 50 Nanometer herunterzugehen, was etwa 100.000 Mal kleiner ist.“
Hierfür wurde am Nano Structuring Center der Technischen Universität Kaiserslautern eine spezielle neue Technologie entwickelt, bei der die von Mitarbeiter Dr. Carsten Dubs von Innovent e.V. aus Jena gezüchteten YIG-Schichten verwendet werden. Auf dieser YIG-Schicht wird eine dünne Metallschicht, eine so genannte Maske, aufgebracht, die den größten Teil dieser Schicht frei lässt. Dann wird die Probe mit einem starken Argon-Ionenstrom beschossen, der die ungeschützten Teile der YIG-Schicht entfernt, während das Material unter der Maske unversehrt bleibt. Danach wird die Metallmaske entfernt, wobei ein 50 nm dünner Streifen der fertigen YIG-Schicht zum Vorschein kommt.
„Entscheidend für den Erfolg des gesamten Prozesses war es, die richtigen Materialien für die Maske zu finden, herauszufinden, wie dick diese sein muss, und Dutzende verschiedener Parameter einzustellen, um die Eigenschaften einer YIG-Schicht zu erhalten“, sagt Björn Heinz, der federführende Autor der Abhandlung. „Nach mehrjährigen Untersuchungen haben wir endlich das passende Verfahren, eine Kombination von Chrom- und Titanschichten, gefunden. Die Breite der YIG-Struktur ist etwa tausendmal kleiner als die Dicke eines menschlichen Haares. Nach der erfolgreichen Strukturierung untersuchten die Wissenschaftler weiterhin die Ausbreitung von Magnonen, um zu prüfen, ob die nanogroßen YIG-Strukturen die überlegenen Materialeigenschaften der YIG-Schichten beibehalten.
„Wir konnten zeigen, dass der Strukturierungsprozess nur einen geringen Einfluss auf die fantastischen Eigenschaften dieses Materials hatte“, sagt Heinz. „Darüber hinaus konnten wir experimentell nachweisen, dass Magnonen Informationen effizient über große Entfernungen in den Leitungen transportieren können, wie dies zuvor in der Theorie behauptet wurde. Diese Ergebnisse sind ein bedeutender Schritt in der Entwicklung von magnonischen Schaltkreisen und beweisen die allgemeine Machbarkeit der magnonbasierten Datenverarbeitung.“
Die Forschung wurde im Rahmen des ERC Starting Grant MagnonCircuits (A. Chumak), des Sonderforschungsbereichs SFB 173 Spin+X (P. Pirro) und des DFG-Projekts DU 1427/2-1 (C. Dubs) durchgeführt und vom Landesforschungszentrum OPTIMAS gefördert.
Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Nano Letters veröffentlicht: DOI: 10.1021/acs.nanolett.0c00657
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