- Planning
Doris Schulz
Prozesssicher und effizient trocken reinigen
quattroClean-Reinigung von Kunststoffteilen in der Medizintechnik
In der Medizintechnik nehmen Kunststoffe heute einen wichtigen Platz ein. Je nach Einsatz werden unterschiedlich hohe Anforderungen an die Sauberkeit der Produkte gestellt. Die trockene quattroClean-Schneestrahltechnologie ermöglicht bei einem sehr breiten Anwendungsspektrum, Verunreinigungen und Feinstgrate reproduzierbar, validierbar und kosteneffizient zu entfernen – auch bei geometrisch sehr komplexen Komponenten. Geringer Platzbedarf, einfache Automatisierbarkeit sowie Integration in Reinräume und vernetzte Fertigungsumgebungen sind weitere Vorteile des Verfahrens.
Gehäuse medizintechnischer Geräte werden ebenso aus Kunststoffen gefertigt wie Instrumente, Implantate und Hilfsmittel sowie Labordiagnostika für die Human-, Dental- und Tiermedizin. Die Herstellung dieser Produkte erfolgt in unterschiedlichen klassischen Fertigungsverfahren wie Extrusion, Spritzguss sowie Zerspanung und immer häufiger auch im industriellen 3D-Druck. Bei jedem dieser Verfahren verbleiben auf den Oberflächen Rückstände aus der Herstellung, beispielsweise Trennmittel, Partikel, Flittergrate und Stäube oder Restpulver zurück. Je nach Risikoklasse, in welche Medizinprodukte einzustufen sind, ergeben sich durch diese Verunreinigungen unterschiedliche Schädigungspotenziale für Patienten. Und das auch, wenn sie mit dem Instrument oder Implantat sterilisiert werden. Aber auch bei Erzeugnissen, von denen wie bei Kunststoffgehäusen oder Diagnostika kein direktes Risiko ausgeht, können filmische und/oder partikuläre Kontaminationen nachfolgende Prozesse, beispielsweise eine Beschichtung oder Lackierung, stören beziehungsweise das Laborergebnis verfälschen.
Dies verdeutlicht den Einfluss der Bauteilreinigung auf die Sicherheit, Qualität und Funktionalität des Produkts. Sie muss sicherstellen, dass produktspezifisch erforderliche Sauberkeitsanforderungen und biologische Verträglichkeit zuverlässig erzielt werden und es zu keiner produktbeeinträchtigenden Veränderung der Eigenschaften und Oberflächen kommt.
Die klassische nasschemische Endreinigung mit wässrigen Medien stößt hier oft an Grenzen – insbesondere bei Teilen mit komplexen Geometrien, filigranen Konturen und feinen Strukturen sowie mechatronischen Systemen mit beispielsweise MID (spritzgegossene Schaltungsträger).
Durch vier Effekte zu rückstandsfrei sauberen Oberflächen
Die quattroClean-Schneestrahltechnologie der acp systems AG hat sich bei diesen Reinigungsaufgaben als leistungsfähig, prozesssicher und wirtschaftlich erwiesen. Das Verfahren nutzt flüssiges, unbegrenzt haltbares und nicht korrosives Kohlendioxid als Reinigungsmedium. Es entsteht als Nebenprodukt bei chemischen Prozessen und der Energiegewinnung aus Biomasse und ist deshalb umweltneutral.
Wesentliche Komponente des Reinigungssystems ist eine verschleißfreie Zweistoff-Ringdüse. Durch diese wird das nicht brennbare und ungiftige sowie für medizinische Anwendungen aufbereitete Kohlendioxid geleitet. Es entspannt beim Austritt aus der Düse zu feinem CO2-Schnee, der von einem separaten, ringförmige Druckluft-Mantelstrahl gebündelt und auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt wird. Die patentierte Technik gewährleistet auch in automatisierten Anwendungen eine konstante und homogene Reinigungsleistung.
Trifft der minus 78,5°C kalte und gut fokussierbare Schnee-Druckluftstrahl auf die Oberfläche kommt es zu einer Kombination aus thermischem, mechanischem, Sublimations- und Lösemitteleffekt. Das Zusammenspiel dieser vier Wirkmechanismen entfernt partikuläre und filmische Verunreinigungen, wie Späne, Mikrograte, Staub, Abrieb, Trennmittel, Silikone und Schmauchspuren beispielsweise vom Laserstrukturieren, prozesssicher und reproduzierbar. Gleichzeitig wirkt die CO2-Schneestrahlreinigung bakteriostatisch.
Das kristalline Kohlendioxid geht während der Reinigung vollständig in den gasförmigen Zustand über, das Reinigungsgut ist daher sofort trocken. Abgelöste Verunreinigungen werden durch die aerodynamische Kraft der Druckluft von der Bauteiloberfläche abgeführt und zusammen mit dem sublimierten Kohlendioxid aus dem Reinigungsmodul abgesaugt. Die Reinigung erfolgt materialschonend, so dass empfindliche und fein strukturierte Oberflächen ebenso behandelt werden können wie filigrane Strukturen, die beispielsweise additiv gefertigte Bauteile aufweisen.
Bei verschiedensten Aufgabenstellungen bewährt
Eingesetzt wird die quattroClean-Technologie in der Medizintechnik für unterschiedlichste Aufgaben. Dazu zählt Reinigung von Kunststoffgehäusen vor dem Beschichten und Lackieren. Das Verfahren ersetzt hier die traditionell eingesetzte nasschemisch Reinigung, bei der die Kunststoffteile eine mehrstufige Prozessabfolge durchlaufen während der sie mit hohem Energieaufwand mehrfach erwärmt und wieder abgekühlt werden. Im Vergleich dazu beansprucht die kalte und trockene CO2-Schneestrahlreinigung deutlich weniger Produktionsfläche und sorgt für spürbare Einsparungen bei Investitions- und Betriebskosten. Bei der Herstellung mikrofluidischer Lab-on-Chip-Systeme ermöglicht das Verfahren die Feinstentgratung und Reinigung von aus Kunststoff hergestellten, komplexen Spritzgussbauteilen. Ein weiterer Einsatzbereich ist unter anderem die Entfernung von Verunreinigungen aus Strukturen von aus PEEK additiv gefertigten Implantaten.
Kühlen und reinigen in einem Schritt
Der Hochleistungskunststoff ist auch Ausgangsmaterial von spanend hergestellten Implantaten und medizintechnischen Komponenten. Um die bei der Trockenzerspanung von PEEK entstehenden Späne und die daraus resultierende Nacharbeit für das Entgraten zu reduzieren, wird mit dem acp-Verfahren während der Zerspanung selektiv gekühlt. Dies wirkt der Spanentstehen so effektiv entgegen, dass das manuelle Entgraten unter dem Mikroskop komplett entfallen kann. Noch anfallende Späne werden sofort durch die Reinigungswirkung entfernt. Darüber hinaus lässt sich durch die selektive Kühlung mit quattroClean-System die Zerspangeschwindigkeit signifikant erhöhen, woraus eine deutliche Produktivitätssteigerung resultiert.
Das Kühlen mit CO2-Schnee besitzt darüber hinaus das Potenzial, neue Anwendungen mit PEEK zu eröffnen. Erste Versuche beim Schleifen des Kunststoffs haben ergeben, dass die gleichzeitige Kühlung eine Veränderung der Werkstoffeigenschaften ebenso verhindern kann wie die prozesszerstörende Ablagerung von Partikeln auf der Schleifscheibe.
Optimal an die Anwendung angepasste, validierbare Prozesse
Die Skalierbarkeit des Reinigungsverfahrens ermöglicht, es einfach und platzsparend an unterschiedliche Anwendungen und Bauteilgeometrien für eine ganzflächige oder partielle Reinigung anzupassen. Die Prozessentwicklung erfolgt im Technikum der acp systems. Dabei werden alle Prozessparameter wie Volumenströme für Druckluft und Kohlendioxid, Anzahl der Düsen, Strahlbereich und -zeit durch Versuche exakt an das jeweilige Bauteil, die Applikation, die Materialeigenschaften sowie die zu entfernenden Verunreinigungen angepasst. Sie können als teilespezifische Programme in der Anlagensteuerung hinterlegt werden.
Die Stabilität der Schneestrahldichte ist einer der entscheidenden Parameter für die gleichbleibende Reinigungswirkung und damit Qualität des Reinigungsprozesses. Diese wichtige Einflussgröße kann bei jeder einzelnen Düse während des Reinigungsprozesses mit einem innovativen Sensorsystem kontinuierlich überwacht werden. Es vergleicht den ermittelten Wert mit dem für das Bauteil in den Reinigungsversuchen definierten Reinigungsfenster, so dass ein unregelmäßiger, zu schwacher oder zu starker Schneestrahl sofort erkannt wird und nur im definierten Prozessfenster gereinigte Teile die Reinigungsstation verlassen. Gleichzeitig kann der an der Düse ermittelte Wert für das jeweilige Bauteil an eine übergeordnete Leitzentrale, in der alle Fertigungsdaten für ein Produkt hinterlegt sind, übermittelt und gespeichert werden. Dies ermöglicht nicht nur Aussagen, ob die Reinigung im definierten Fenster stattgefunden hat, sondern zum genauen Wert. Alle anderen Prozessparameter können für eine lückenlose Dokumentation und Nachverfolgbarkeit ebenfalls automatisch erfasst, gespeichert und an einen Leitrechner übergeben werden. Dies trägt nicht nur zu einer hohen Prozesssicherheit bei, sondern vereinfacht auch eine eventuell erforderliche Prozessvalidierung bei einer benannten Stelle.
Maßgeschneiderte Systemkonzeption – auch für reine Umgebungen
Die Anlagenkonzeption erfolgt entsprechend den kundenspezifischen Anforderungen mit auf Standard-Modulen basierenden Komponenten als manuelle, teil- und vollautomatisierte quattroClean-Systeme. Standalone-Lösungen lassen sich dabei ebenso realisieren wie in Fertigungslinien und verkettete Produktionsumgebungen integrierte Anlagen.
Bei Anlagen für die Reinigung in einer reinen Umgebung erfolgt die Integration einer entsprechenden Aufbereitung für das flüssige Kohlendioxid und die Druckluft. Die Luftzufuhr, Absaugung und Ausstattung, beispielsweise Komponenten für die Automatisierung und deren Platzierung, werden jeweils auf die entsprechende Reinraumklasse abgestimmt. Durch optimale Strömungsverhältnisse wird der schnelle und zuverlässige Abtransport entfernter Verunreinigungen sichergestellt. Die Anpassung der Anlage an die kundenspezifischen Reinheitsanforderungen und räumlichen Gegebenheiten erfolgt durch unterschiedliche Lösungen, beispielsweise als Clean-Machine-Ausführung oder zur Anbindung beziehungsweise Einbindung in einen Reinraum.
Das breite Applikationsspektrum und die Möglichkeit, die Anlagen exakt an die jeweiligen Bauteilspezifikationen und Produktionsumgebungen anzupassen, ermöglichen eine prozesssichere und effiziente Reinigung medizintechnischer Produkte – auch unter der neuen Medical Devise Regulation (MDR).
acp systems AG
Berblingerstraße 8
71254 Ditzingen
Germany
Phone: +49 7156 480140
email: info@acp-systems.com
Internet: http://acp-systems.com