- Planung
Margarete Witt-Mäckel, Witt-Hygienemanagement, Dietmar Pfennig, Pfennig Reinigungstechnik GmbH
Reinraumreinigung und Reinraumdesinfektion – von der Planung bis zum Betrieb
Erstveröffentlichung in TechnoPharm 7, Nr.6, 330-335 (2017)
Zusammenfassung
Schlechte Ergebnisse der Reinigung oder mikrobiologische Überschreitungen sind nicht allein durch eine fehlerhafte Umsetzung der Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen oder durch den Einsatz ungeeigneter Materialien zu begründen. Fehler können bereits in der Planungsphase entstehen, wenn beispielweise die Reinigbarkeit von baulichen Einrichtungen nicht berücksichtigt werden. Die Folgen dieser planerischen und baulichen Fehler sind meist erst im Betrieb zu spüren und können nachträglich oft nicht korrigiert werden. Daher setzt eine effektive Dekontamination der Oberflächen eine vorausschauende und interdisziplinäre Betrachtungsweise voraus. Nachfolgend wird an mehreren Beispielen beschrieben, welche Fehler während der Planung und dem Bau vermieden werden sollten und welche Folgen diese Fehler haben können.
1. Betrachtung der Prozesse zur Dekontamination der Oberflächen
Die Dekontamination der Oberflächen von Einrichtungen und Raumoberflächen erfolgt je nach Art der gewünschten Oberflächenreinheit üblicherweise durch zwei Prozesse:
In den Industriebereichen wie in der pharmazeutischen Herstellung, in denen eine definierte mikrobiologische Reinheit der Oberflächen gewünscht wird, steht die Desinfektion im Vordergrund. Ziel der Desinfektion ist eine Keimreduktion auf ein definiertes Niveau, in dem die vorhandenen Mikroorganismen durch geeignete biozide Wirkstoffe inaktiviert werden. Die Desinfektion größerer Flächen erfolgt üblicherweise mit einer Wischdesinfektion, schwer zugängliche Bereiche können nur mit einer gezielten Sprühdesinfektion dekontaminiert werden. Die Sterilität - eine vollständige Abwesenheit von lebensfähigen Mikroorgansimen - wird in dieser Ausarbeitung nicht betrachtet.
Eine partikuläre und chemische Reinheit wird durch die Reinigung der Oberfläche erreicht. Bei der Reinigung werden die Haftkräfte zwischen Verunreinigung und der zu reinigenden Oberfläche überwunden und die freigesetzten Kontaminationen abtransportiert. Im Reinraum erfolgt die Reinigung in der Regel im Wischverfahren unter Einsatz von chemischen Wirkstoffen. Die Effektivität dieses Verfahrens beruht auf einer Kombination von mechanischem Abtrag durch das Wischtextil und der chemischen Wirkung der Lösemittel, die die Verschmutzungen an lösen und in Schwebe halten sowie das Anhaften der Kontaminationen am Wischtextil, um damit den Abtransport und das vollständige Entfernen der Kontaminationen von der Oberfläche unterstützen.
2. Fehler in der Planung und während der Baumaßnahmen sowie ihre Folgen im Betrieb
Da die Reinigung und Desinfektion größerer Flächen (Boden, Wände und Decken) üblicherweise im Mopp-Wischverfahren und damit manuell durchgeführt werden, ist eine fehlerhafte Umsetzung natürlich nicht auszuschließen. Schlechte Reinigungsergebnisse oder mikrobiologische Werte sind aber oft auf erschwerte Ausgangsbedingungen aufgrund einer nicht hygiene- bzw. reinigungsgerechten Gestaltung der Anlagen, Einrichtungen und Räumlichkeiten zurückzuführen. Nicht umsonst weisen die einschlägigen Regelwerke wie die DIN EN ISO 14644 oder der EU-GMP-Leitfaden darauf hin, dass Räumlichkeiten und Ausrüstungen so geplant und gestaltet sein müssen, dass eine gründliche und sich wiederholende Reinigung immer möglich ist, um Kreuzkontaminationen, Staub- und Schmutzansammlungen sowie jede nachteilige Beeinflussung der Produktqualität zu vermeiden [EU-GMP-Leitfaden, Kap. 3 Räumlichkeiten und Ausrüstungen]. Bereits in der Planungsphase muss daher ausgehend von der späteren Nutzung der Räumlichkeiten und Anlagen die notwendigen Dekontaminationsverfahren und deren Voraussetzungen wie auch die Verfügbarkeit der benötigten Materialien berücksichtigt werden. In den nachfolgenden Kapiteln wird anhand von Beispielen aufgezeigt, wie entscheidend eine gute Planung und interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Planer, Hersteller der Räumlichkeiten und Einrichtungen sowie Anwender ist. Die Bedeutung der Vernetzung der Schnittstellen zwischen Planer, Anlagenhersteller und Anwender ist auch Thema des VDI-Richtlinie 6305, ein Anwendungsleitfadens für GMP-regulierte technische Projekte (tGMP).
2.1 Einfluss der Oberflächenmaterialien auf die Reinigung und Desinfektion
Unregelmäßige Makro- und Mikrostrukturen der Oberfläche wie Vertiefungen und Rillen, verdeckt liegende Flächen oder Rauigkeiten bieten gute Haftpunkte, schirmen den Schmutz sowie die Mikroorganismen vor dem Zugriff der chemischen Wirkstoffe ab und erschweren den mechanischen Abtrag. Nicht chemisch beständige und leicht korrosive Materialien begünstigen eine Partikelabgabe und eine Anlagerung von mikroskopischen Verunreinigungen in den durch die Materialzerstörung aufgerauten Oberflächen. Auf Werkstoffen mit hoher Porigkeit oder Fehlstellen, d.h. einer regelmäßigen oder unregelmäßigen Durchbrechung der Oberflächenstruktur, können sich Mikroorganismen, Produktreste und andere Verunreinigungen in den Löchern und Poren ansiedeln und die Bildung von Biofilmen auslösen. Dasselbe gilt für Risse, Spalten und nicht abgedichtete Bereiche zwischen Kontaktflächen von Bauteilen und Konstruktionselementen.
Um die Haftkräfte der Verschmutzungen zu überwinden und um vorhandene Mikroorganismen abzutöten, müssen die chemischen Wirkstoffe in ausreichender Menge auf jede zu dekontaminierte Oberflächen aufgetragen und die Oberfläche vollkommen benetzt werden. Eine ausreichende Benetzung ist Mittelpunkt des Wischverfahrens selbst, daher ist für dieses Verfahren die Beschaffung der Oberflächenstruktur entscheidend [Abb. 1]. Da beim Wischverfahren zur Reinigung und Desinfektion der Raumflächen in der Regel mit oberflächenaktiven Substanzen gearbeitet wird, spielt die Benetzbarkeit der verwendeten Materialien und deren Oberflächenenergie hier eine geringere Rolle als bei Werkstoffen, die in Anlagen mit direktem Produktkontakt eingesetzt werden.
Folgen der genannten Mängel sind eine Kontamination der hergestellten Produkte durch technische Rückstände, Produktreste oder Mikroorganismen und eine negative Beeinflussung der Produktqualität. Bei der Planung müssen daher in Abhängigkeit der gewünschten Reinheit die Eigenschaften der Werkstoffe und deren Oberflächenbeschaffenheit (Rauheit, Struktur und Porösität, Benetzungseigenschaft) sowie die Beständigkeit gegenüber den später im Betrieb eingesetzten Reinigungs- und Desinfektionsmitteln genau betrachtet werden. Die Auswahl der chemischen Wirkstoffe orientiert sich an der Art der Kontamination, die auf den zu reinigenden bzw. desinfizierenden Oberflächen zu erwarten sind.
2.2 Einfluss der Gestaltung und Konstruktion von Einrichtungen und Räumlichkeiten
Reinigbarkeit bedeutet nicht nur eine gute Abreinigung der Oberflächen durch die Verwendung geeigneter beständiger Werkstoffe mit entsprechender Oberflächenbeschaffenheit (Rauheit, Struktur und Porösität, Benetzungseigenschaft), sondern auch eine gute Erreichbarkeit mit den gewählten Reinigungs- und Desinfektionsverfahren durch eine gut durchdachte Konstruktion, Verarbeitung und Gestaltung der Räume und Anlagen. Schwer erreichbare Stellen, sogenannte Totstellen, führen dazu, dass diese in der Routine nicht ausreichend dekontaminiert werden und so die Anlagerung von Verschmutzungen in diesen Bereichen sowie das Wachstum von Mikroorganismen begünstigt wird. Einige schwer erreichbare Stellen können durch eine aufwendige Nachbehandlung zwar dekontaminiert werden, an anderen Stellen werden die Kontaminationen aber durch die baulichen Gegebenheiten regelrecht abgeschirmt.
Die Routinereinigung bzw. -desinfektion von Fußböden, Wänden und Decken wird üblicherweise im Mopp-Wischverfahren durchgeführt. Der Mopp hat in der Regel eine Breite von ca. 40 cm und eine Länge von ca. 15 cm. Der Stiel ist je nach System flexibel am Mopphalter angebracht, so dass ein Auswischen unter und hinter Einrichtungsgegenständen bis zu einem Mindestabstand von ca. 30 cm möglich ist. Beim Planen des Mindestabstandes ist die Größe der Anlagen oder Maschinen zu berücksichtigen, um die gesamte Bodenfläche unter der Einrichtung erreichen zu können. Sowohl die European Hygienic Engineering Design Group (EHEDG) wie auch die DIN EN 1672 bzw. DIN EN ISO 14159 geben Empfehlungen zu Mindestboden- und Mindestwandabständen bzw. zur Vermeidung von Zwischenflächen durch eine durchgehende und dichtende Verbindung [Abb. 2]. Dabei ist sorgfältig darauf zu achten, dass keine Risse, Spalten oder unzugängliche Totstellen entstehen. Wird oder kann der Mindestabstand nicht eingehalten werden, ist ein aufwendiges Nachreinigen mit einem Tuch oder einem kleineren Mopphalter notwendig.
Weitere Beispiele für eine nicht hygienegerechte Gestaltung sind hervorstehende Leisten und Platten, Verschraubungen, Haken, rechteckige Winkel, offene Gewinde oder Fuß- und Bodenplatten. Diese Toträume sind ideale Verstecke für Mikroorganismen und Kleinstpartikel. Eine Abreinigung ist kaum möglich. Eine Desinfektion ist nur mit dem gezielten Einsatz von Sprühdesinfektionsmittel durchführbar. Geschlossene Wandbekleidungen, Abdeckungen von Anlagenteile, die Verwendung durchgehender glatter Bauteile sowie von Hülsen und hygienegerechte Dichtungen lassen schwer zu reinigende Bereiche verschwinden und erleichtern den Arbeitsaufwand für die Reinigung und Desinfektion erheblich. Auch abgerundete Übergänge und Abdichtungen sind einfach und ohne erheblichen Zeitaufwand auszuwischen [Abb. 3 und 4]. Beispiele für Konstruktionen mit hohem Hygienerisiko sowie Lösungsbeispiele finden sich in den Dokumenten der European Hygienic Engineering Design Group (EHEDG) wie auch in den Normen DIN EN 1672 bzw. DIN EN ISO 14159.
Eine hygienegerechte Gestaltung von beweglichen Komponenten wie Räder ist dagegen aufgrund der Funktion nur bedingt möglich. Die Reinigung und Desinfektion solcher, technisch nicht vermeidbarer Schwachstellen, müssen im Reinigungs- und Desinfektionsplan berücksichtigt werden.
Oft erst in der Routine ärgerlich sind Kabel, die offen verlegt sind und meist im Gewirr auf dem Fußboden liegen. Diese bieten viele Anlagerungsmöglichkeiten für Schmutz und Partikel. Ein Gewirr von Kabeln bedeutet zudem, dass viele Stellen nicht bzw. nur unter hohem Zeitaufwand gereinigt werden können. Daher ist es sinnvoll, Kabel und Leitungen in Kabelrinnen, -pritschen oder -gitter zu sammeln und zu führen. Die Kabelführungen sollten möglichst geschlossen sein. Diese Umsetzung bedeutet eine genaue Planung und Betrachtung der Arbeitsplätze und Tätigkeiten im Vorfeld.
Geräte und Anlagenkomponente wie Messgeräte, Dosieranlagen, Feuerlöschgeräte, Bedienfelder oder andere technische Anlagen, die aufgrund ihrer Konstruktion schwer zu reinigen und zu desinfizieren sind, erhöhen die Gefahr von unerwünschter Partikel- und Keimansammlung und sind nur unter hohem Zeitaufwand und teilweise nur unter Berücksichtigung bestimmter Schutzmaßnahmen zu reinigen und zu desinfizieren. Daher empfiehlt es sich solche Geräte wie Feuerlöschgeräte oder technische Anlagen in geschlossene Gehäuse unterzubringen, deren Außenflächen leicht zu wischen sind. Zur Wartung und Kontrolle bzw. zur Bedienung sind diese Gehäuse einfach zu öffnen, wobei die Öffnungen zuverlässig abzudichten sind, um ein Eindringen von Kontaminationen in das Innere bzw. eine Verunreinigung der Außenbereiche zu vermeiden.
Schwer zu reinigen sind auch Lochbleche. Daher sollte der Einsatz durchdacht sein und nur dort geplant werden, wo diese für die gezielte Luftführung notwendig sind. Gelochte Regalböden beispielsweise erlauben zwar eine gute Luftführung. Da die Regale aber in der Regel genutzt und vollgestellt sind, ist die gewünschte Luftführung im Betrieb nicht vorhanden. Daher können hier die für die Reinigung und Desinfektion vorteilhafteren durchgehenden Regalböden verwendet werden.
2.3 Einfluss der Baumaßnahmen
Es ist vielen zuständigen Personen nicht bewusst, dass die Reinraumreinigung nicht erst im Betrieb, sondern bereits während der Bauphasen beginnt. Damit rückt wieder die Planungsphase in den Vordergrund, in der für die einzelnen Bauabschnitte verschiedene Phasen der Baureinigung mit definierten Reinheitsstufen und den damit verbundenen Hygienemaßnahmen festgelegt werden sollten. Grundsätzlich gilt: Je höher die Endanforderungen an den Reinraum sind, umso so wichtiger wird die Baureinigung und die Umsetzung der Hygienemaßnahmen so früh wie nur möglich. Durch eine frühzeitige Vermeidung von Kontaminationseintrag, auch in Bereiche, die scheinbar nur indirekt Verbindung zum Reinraum haben, beispielweise Kanalsysteme, können Kontaminationsquellen nicht nur von vorne herein ausgeschalten werden, sondern auch der spätere Aufwand der End- bzw. Qualifizierungsreinigung/-desinfektion reduziert werden. Die Stufen der Baureinigung sind in der DIN EN ISO 14644-5 beschrieben.
Zu den notwendigen Hygienemaßnahmen, die bereits in der Bauphase berücksichtigt werden sollten, gehören beispielsweise die Vorreinigung beim Einbringen der Materialien in die zukünftigen Herstellbereiche, die Abdeckung der Fußböden und Anlagen, das Vermeiden von Holzpaletten, Kartonagen und verschmutzten Verpackungsmaterialien sowie erste Vorgaben zur Personalhygiene und zum Verhalten. Zum Verhalten zählt u.a. die Verwendung gereinigter bzw. desinfizierter Werkzeuge oder die Vorsicht beim Umgang mit den Reinraumeinrichtungen. Denn während der Bauphase sind es oft nicht bedachte Tätigkeiten, die den späteren Reinigungs- und Desinfektionserfolg im Betrieb beeinflussen. Beispielsweise eine kleine Beschädigung der Oberflächen durch Anstoßen oder das Verschieben schwerer Gegenstände über den Fußboden. Werden diese schadhaften Stellen nicht hygienegerecht ausgebessert, bieten sich ideale Stellen für Keimwachstum und Partikelanlagerung. Ebenfalls zu vermeiden ist das Auftragen von Schutzschichten zum Schutz bestimmter Werkstoffoberflächen oder das Aufpolieren von Edelstahlflächen mit Edelstahlreiniger. Diese Schutzschichten oder Hilfsmittel reagieren wiederum mit den später verwendeten Desinfektionsmitteln, was zur Bildung unangenehmer Schlieren oder Krusten führen kann.
3. Verfügbarkeit und Zugang zu allen notwendigen Materialien für die Dekontamination
Für die Reinigung und Desinfektion sind Materialien und Gerätschaften notwendig, die bevorratet und gelagert sowie am Zielort ausreichend zur Verfügung stehen müssen. In den sterilen Herstellbereichen der pharmazeutischen Industrie müssen gemäß des Anhangs 1 des EU-GMP-Leitfadens für die Herstellung steriler Arzneimittel zusätzliche Anforderungen an die Sterilität umgesetzt werden.
3.1 Lagerung
Aufgrund der hohen technischen Anforderung an Reinräume und der hohen Betriebskosten werden Reinräume, insbesondere Sterilbereiche, möglichst klein und effizient geplant. Das zur Wischdesinfektion benötigte Equipment sollte aber idealerweise in der entsprechenden Reinheitszone gelagert werden, in dem dieses zum Einsatz kommt. Ansonsten wird ein ständiges Ein- und Ausschleusen notwendig. Dies bedeutet nicht nur einen höheren Arbeitsaufwand, sondern auch ein höheres Risiko einer Verschleppung von Kontaminationen bei nicht sachgemäßer Einschleusung der Materialien, insbesondere aus den unreineren Bereichen in die Reinraumzonen mit höheren Hygieneanforderungen. Lagerhaltung bedeutet aber Platz, der meist nicht eingeplant wird.
Für das Wischverfahren zur Reinigung und Desinfektion größerer Flächen werden gut im Voraus planbare Gerätschaften benötigt. Das sind neben dem Mopphalter mit Stiel zur Aufnahme der Wischbezüge und ein Behälter zur Tränkung der Wischbezüge. Je nach Bedarf und Umfang der Tätigkeiten empfiehlt sich aus organisatorischen und ergonomischen Gründen ein Systemwagen zum Transport der Gebrauchslösung, der Wischbezüge und anderer notwendigen Materialien wie Oberflächenwischtücher und Sprühflaschen mit Desinfektionsmittel. Die kleinste, auf dem Markt erhältliche Einheit zur Vorpräparation von Wischbezügen hat die Abmessungen von 51 x 18,5 x 23,5 cm (LxBxH), so dass die Aufbewahrung in einem Schrank sogar für sehr kleine Schleusenbereiche möglich ist [Abb. 5].
3.2 Verfügbarkeit der Materialien für die Reinigung und Desinfektion
Die Verfügbarkeit der Materialien für die Reinigung und Desinfektion am jeweiligen Einsatzort setzt eine gute Planung der Abläufe unter Berücksichtigung der Zonenkonzepte voraus. So ist die Logistik mitentscheidend bei der Wahl zwischen Ein- und Mehrweg, insbesondere bei der Auswahl der Bodenwischbezüge und Wischtücher. Bei der Planung der Logistik darf nicht vergessen werden, dass nicht nur ausreichend frische Textilien zur Verfügung stehen müssen, sondern auch Verpackungsmaterialien und gebrauchte Textilien wieder ausgeschleust werden müssen. Auch das Ausschleusen hat so zu erfolgen, dass keine Querkontamination stattfindet. Die fehlende Nachhaltigkeit von Einwegprodukten und die Kosten der Entsorgung sind dabei ebenfalls zu berücksichtigen. So erscheint die Verwendung von Einwegmaterialien vielleicht zunächst einfacher, aber die Kosten liegen deutlich höher. Ein gut durchdachter logistischer Prozess in enger Zusammenarbeit mit einer qualifizierten Reinraumwäscherei spart Kosten und bedeutet dennoch kein zusätzliches Risiko eines Kontaminationseintrags durch die Mehrwegmaterialien.
Eine vergleichbare Planung ist unerlässlich bei der Entscheidung der Anwendungslösungen, die für die Reinigung und Desinfektion benötigt werden. Je nach gewünschter Wirksamkeit stehen auf dem Markt verschiedene Reinigungs- und Desinfektionsmittel für den Einsatz im Reinraum zur Verfügung. Einige Produkte sind bereits als Ready-to-use-Lösung erhältlich, d.h. diese sind bereits verdünnt und können direkt eingesetzt werden. Die Fertiglösungen sind einfacher in der Handhabung, aber erhöhen das Abfallaufkommen und verschlechtern die Nachhaltigkeit durch den Transport von überwiegend Wasser. Viele, aber effektive Wirkstoffe sind aufgrund der geringeren Beständigkeit nicht als gebrauchsfertige Lösung erhältlich. Diese Wirkstoffe werden als Konzentrat bezogen und je nach Wirksamkeit entsprechend der Herstellervorgaben verdünnt. Werden Konzentrate verwendet, so muss Wasser zum Verdünnen der Konzentrate in entsprechender Qualität am Einsatzort zur Verfügung stehen. Eine Alternative zur manuellen Dosierung sind Dosiergeräte. Diese müssen jedoch so verbaut werden, dass eine Wartung außerhalb des Reinraumes möglich ist, und die Entnahme der Gebrauchslösung selbst in der Zielzone erfolgt. Daher ist die Nutzung von Dosiergeräten bereits in der Planungsphase zu überlegen.
3.3 Steriles Einschleusen in sterile Herstellbereiche
Der EU-Leitfaden einer Guten-Herstellungspraxis für Arzneimittel legt in seinem Anhang 1 für die Herstellung steriler Arzneimittel fest, dass alle Gegenstände, die in einem aseptischen Bereich benötigt werden, also auch die Materialien für die Reinigung und Desinfektion, steril in diesen Bereich eingeschleust werden sollen. Leider wird bei der Planung eines Durchreicheautoklavens zwar die Mengen und Größen der für die Produktion notwendigen Materialien bedacht, die Materialien, die für die Reinigung und Desinfektion notwendig sind, aber vergessen und der Autoklav beispielsweise zu klein geplant.
4. Fazit
Die Durchführung der Reinraumreinigung und Reinraumdesinfektion wird durch die Regelwerke wie den EU-GMP-Leitfaden gefordert, aber meist erst bedacht, wenn der Reinraum steht und dekontaminiert werden muss. Erschwerte Reinigbarkeit und Zugänglichkeit der Flächen, Anlagen und Räume und eine nicht vorausschauende Logistik führen nicht nur zu höheren betrieblichen Kosten, sondern auch zu Überschreitungen der gewünschten partikulären und mikrobiologischen Grenzwerte der Produktionsumgebung und damit zu einer Beeinträchtigung der Produktqualität. Ein gut funktionierendes Reinigungs- und Desinfektionskonzept ist daher vorausschauend und interdisziplinär zu betrachten und muss Bestandteil der Planung eines Reinraumes sein.
Autoren
Margarete Witt-Mäckel
Dipl. Ing. (FH) Hygienetechnik
Witt Hygienemanagement Beratung & Schulung, Stuttgart
www.witt-hygienemanagement.de
Frau Diplom-Ingenieurin (FH) Hygienetechnik Margarete Witt-Mäckel kennt als langjährige Fachberaterin für Betriebshygiene und Account-Managerin Pharma die Anforderungen an reinheitsrelevante Prozesse und Produkte in Reinräumen und anderen hygienischen Industriebereichen bestens. Seit 2012 berät und schult sie als Coach und Consultant Unternehmen in den Bereichen Hygiene- und Qualitätsmanagement, GMP, Validierung und mikrobiologische Qualitätssicherung. Als Projektmanagerin unterstützt sie die Pfennig Reinigungstechnik in der Weiterentwicklung hoch qualifizierter Gerätschaften und Wischtextilien für Reinräume und sensible Hygienebereiche, betreut Forschungsprojekte und arbeitet im Industrieverbund „Reinheitstaugliche Verbrauchsmaterialien“ mit. Zudem ist Frau Margarete Witt-Mäckel Autorin zahlreicher Fachpublikationen und Mitglied mehrerer Fachausschüsse des VDI.
Dietmar Pfennig
Dipl. Kfm. und Gebäudereinigermeister
Pfennig Reinigungstechnik GmbH, Durach
www.pps-pfennig.de
Dipl.-Kfm. Dietmar Pfennig ist Gebäudereinigermeister und Geschäftsführer der Firma Pfennig Reinigungstechnik GmbH. Neben dem Produktprogramm für Krankenhaus- und Industriereinigung entwickelt die Firma seit nunmehr 19 Jahren Speziallösungen für die Reinigung von Reinräumen sämtlicher Klassifizierungen.
Kontakt
Margarete Witt-Mäckel, e-mail: mwm@witt-hygienemanagement.de
Weiterführende Literatur
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