- Messe
Ein «Erdbeben» für eine Konzentrationsmessung
Vom Labor in Pharma- und Biotechprozesse
Pharma, Biotech und generell Reinräume brauchen für im Vergleich zur Grosschemie geringe Mengen eine spezielle Prozessanalytik mit höchster Qualitätsanforderung. Zurzeit spürt man in allen Bereichen einen deutlichen Trend zu robusteren Verfahren.
Ein Beispiel für die moderne spezielle Prozessanalytik bringt neue Antworten auf die Frage nach der Endpunktdetektion von photometrischen Titrationen. Moderne Sensoren können den Farbumschlag im Messgefäss bei einer ausgewählten Wellenlänge bestimmen. Gemessen wird sinnvollerweise die Potentialänderung – und nicht die Farbänderung! Dies macht das Verfahren zuverlässig selbst bei gefärbten oder trüben Lösungen. Ausserdem ist die gesamte Analytik sehr einfach durchzuführen: automatisiert, unabhängig von den Schwächen des menschlichen Auges und anwendbar auf alle klassischen Titrationen mit Farbumschlag. Ein weiterer Vorteil des optischen Sensors ist die Tatsache, dass sich die Befüllung mit Elektrolytlösung oder eine Konditionierung des Sensors erübrigen.
Der Pharma-Einsatzbereich erstreckt sich unter anderem auf nicht-wässrige photometrische Titrationen nach dem US-amerikanischen (USP) und dem europäischen Arzneibuch (EP) sowie im Speziellen auf die Titration von Chondroitinsulfat, eines wichtigen Bestandteils des Knorpelgewebes, nach USP.
Von Online- zu Inline-Verfahren: starke Spektroskopie
In der zerstörungsfreien Inline-Prozessanalytik spielt die Spektroskopie eine Hauptrolle. Zu den klassischen Anwendungen zählt die Bestimmung der Restfeuchte von Zusatzstoffen beim Pillenpressen. Dabei kommt die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) zur Anwendung, so dass innerhalb von Millisekunden eine Entscheidung gefällt werden kann: Trockner ausschalten oder den Zusatzstoff noch länger trocknen.
Chemikalien braucht man bei diesem Verfahren nicht; so spart man bares Geld an der Chemie und den Verbrauchsmaterialien. Da keine Chemikalien in die Nähe der Prozesse kommen, vermeidet man ausserdem Verschleppungen von Verunreinigungen, zum Beispiel in Arzneimittel oder in die Ätzbäder einer Wafer-Produktion im Reinraum. Die Sonden aktueller Inline-NIR-Messsysteme lassen sich nicht-medienberührend anbringen. Dadurch bleibt die Sonde geschützt, und umgekehrt werden von ihr keine Bestandteile abgelöst. So lassen sich zum Beispiel mehrere Ätzbäder in Echtzeit überwachen und bei Bedarf sofort Nachdosierungen oder Verdünnungen vornehmen.
Für die Zukunft darf man von optischen Messverfahren wie NIR, MIR und UV/VIS in der Flüssigkeits- und Feststoffanalyse noch einiges erwarten. Schliesslich haben sie sich in der klassischen Laboranalytik über Jahrzehnte bewährt. Nun werden sie immer häufiger in den Prozess eingebracht. Dabei wird das Spektrometer beziehungsweise Photometer direkt in die Messsonde integriert – etwa zur Inline-Konzentrationsmessung (= Messung nicht gelöster Partikel) in Flüssigkeiten.
Um Konzentrationsmessungen in flüssigen Prozessmedien geht es auch bei einem innovativen Verfahren auf der Basis akustischer Oberflächenwellen. Sie ähneln in ihrem physikalischen Verhalten seismischen Wellen bei einem Erdbeben. Selbst wenn sich dies nach dramatischen Bodenbewegungen anhört, so kommt die Prozessanalytik ohne bewegliche Teile aus – verschleissfrei und wartungsarm. Diese Technologie dürfte in naher Zukunft direkt in Durchflussmessgeräte integriert werden. Sie führen dann zusätzlich zu Massefluss- und Dichte- auch eine Konzentrationsmessung durch.
Raman-Sensoren: jetzt stärker in Single-use-Systemen
Noch einmal zurück zu den optischen Messmethoden: Als komplementäres Verfahren zur Infrarot-Spektroskopie kommt die Raman-Spektroskopie verstärkt ins Spiel. In Biotech-Prozessen eignet sie sich für die Überwachung der «Cell-Wellness» in Echtzeit: Finden die aktiven Mikroorganismen genug Glukose und Sauerstoff vor? Oder wird ihr Wachstum durch ein Zuviel an Kohlendioxid geschwächt?
In den typischen Edelstahltanks von biotechnologischen Produktionsanlagen funktioniert dies schon recht gut. Der Trend geht nun dahin, die Raman-Spektroskopie auch im Bereich der Single-use-Systeme zu nutzen. Dazu werden die Single-Use-Bags mit optischen Einweg-Adaptern ausgerüstet. Die eigentliche Messung erfolgt kontaktlos durch ein Fenster.
Sicher, die Raman-Spektroskopie bewegt sich im hochpreisigen Segment – nichts für Standardanwendungen. Aber gerade für sensible Pharmawirkstoffe und wertvolle Biotechprodukte dürfte sich dieses Verfahren lohnen. Noch mehr zahlt sich der Aufwand dann aus, wenn man dank des erweiterten Einsatzbereichs vom Labor- über den Pilotmassstab bis zum Prozess aufskaliert: In jeder Umgebung kann dieselbe Raman-Analytik verwendet werden.
Die gesamte Bandbreite der hier dargestellten Trends und Innovationen erlebt der Besucher auf der diesjährigen Ilmac Lausanne.
MCH Messe Schweiz (Basel) AG
Messe Basel
4005 Basel
Schweiz
Telefon: +41 58 206 3106
eMail: anne.klipfel@ilmac.ch
Internet: http://www.ilmac.ch