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Heiße Öle und kühle Eiscreme
Innovative Prozessanalytik – Temperatur im Mittelpunkt
Das Thermometer symbolisiert ebenso prägnant wie treffend den derzeitigen Haupttrend bei Prozessanalytiksensoren. Ihm zugrunde liegt der Wunsch nach wartungsarmen, selbstkalibrierenden Systemen.
Die Temperaturmessung stellt für einen funktionierenden und ökonomischen Ablauf vieler Prozesse im Chemie-, Pharma-, Food- und Biotech-Bereich eine notwendige, ja, geradezu lebenswichtige Voraussetzung dar. Dies allein gebietet schon eine regelmässige Kalibrierung der Thermometer. Im Falle von Arznei- und Lebensmitteln ist das darüber hinaus aus regulatorischen Gründen erforderlich.
Inline-Thermometer in der Lebensmittelproduktion
Dazu ein Beispiel: Ein Hersteller qualitativ hochwertiger pflanzlicher Öle und Fette muss im Herstellungsprozess eine definierte Temperaturspanne einhalten – und dies Batch für Batch. Klassischerweise baut das Produktionsteam nach jeder Charge die relevanten Sensoren aus, kalibriert sie und baut sie wieder ein.
Jetzt gibt es eine elegante Alternative: selbstkalibrierende Inline-Thermometer. Dabei spielen zwei Sensoren zusammen. Ein kalibrierter Referenzsensor reagiert auf ein Unterschreiten seiner Curie-Temperatur, zum Beispiel, wenn die Produktionsanlage nach Abschluss eines Batchs gereinigt wird. Er veranlasst dann eine Rekalibrierung des Primärsensors. Dafür braucht nicht einmal ein Fachmann die Anlage zu inspizieren (ausser bei Meldung einer Fehlfunktion). Dennoch hat der Betreiber die Gewissheit: „Unsere Temperatursensoren funktionieren einwandfrei und erfüllen die regulatorischen Anforderungen.“ Das Rekalibrierungsprotokoll wird elektronisch ausgegeben und steht dann für Dokumentationszwecke zur Verfügung. In der erwähnten Öl-und-Fett-Produktion macht die selbstkalibrierende Alternative 3000 Prozessunterbrechungen pro Jahr und ebenso viele Einsätze eines Technikers unnötig.
Einen weiteren aktuellen Fortschritt für so manche Lebensmittelproduktion stellen innovative Coriolis-Durchflussmessgeräte dar. Sie bestimmen neben dem Massefluss als zusätzliche Grösse die Dichte. Ein neuerdings verfügbares System erreicht auf diesem Gebiet dank ausgeklügelter Multi-Frequenz-Technologie eine besonders hohe Messgenauigkeit. Diese ist unter anderem im eichpflichtigen Verkehr gefragt.
Die Kombinationsmessung gelingt sogar bei besonders schwierige Anwendungen. Dies betrifft vor allem Flüssigkeiten mit hoher Viskosität und, als weiterer Schikane, mit Gaseinschlüssen (z.B. lockere Eiscreme). Eine zuverlässige Dichtemessung dient hier als wertvoller Qualitätsparameter. Die gleichen Sensoren bieten auch der Öl- und Gasindustrie handfeste Vorteile. In diesem Segment überzeugt ihre hohe Genauigkeit beim Bestimmen von Masse oder Volumen.
Thermotitration – aufwendige Wartung war früher
Von der nicht-zerstörenden zur zerstörenden Analytik: hier Online-, dort Inline-Verfahren – aber zurzeit oft mit einem gemeinsamen Schwerpunkt. Der Trend geht zu robusteren, wartungsärmeren Verfahren ohne die Notwendigkeit zur Nachkalibrierung. Dies treibt im Bereich der nasschemischen Analytik vieles in Richtung Thermotitration.
Bestimmte man klassisch den Wendepunkt einer potentiometrischen Titrationskurve, so richtet sich nun der Blick auf die Temperatur am Titrationsendpunkt. Genau hier sollte sie sich, nach einem Anstieg (exotherme Reaktion) oder nach einer Verminderung (endotherme Reaktion), gerade nicht mehr ändern, weil der Analyt durch Reaktion mit der zudosierten Masslösung verbraucht ist. Vieles, was bisher selbstverständlich war, entfällt damit: Glassensoren mit einer pH-Membran, Befüllen und Wiederbefüllen mit Elektrolytlösungen, Konditionierung und Kalibrierung der Elektrode.
Eine interessante Anwendung betrifft flusssäurehaltige Ätzbäder im Halbleiter- und Galvanikbereich. Flusssäure ist ein äusserst aggressives Medium das Glas angreift; den Einsatz der typischen pH-Elektroden („Glaselektrode“!) sollte man hier tunlichst vermeiden. Thermotitratoren bieten die Möglichkeit, alle medienberührenden Teile in robustem Kunststoff auszuführen und damit resistent gegen Flusssäure.
„Back to the Roots“ lohnt sich
Die aktuellen Innovationen zeigen auch: Grundlagenforschung lohnt sich. Zum Beispiel haben die „Coriolis-Ingenieure“ mehrere Jahre physikalische Grundlagenforschung investiert, um das Verhalten komplexer Flüssigkeiten besser zu verstehen. Dies dürfte den Grundstein für zukünftige anwendungstechnische Fortschritte legen.
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