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Die „dunkle“ Seite der Spin-Physik

Rasterkraftmikroskopische Aufnahme einer gezielt über einem Quantenpunkt fixierten Mikrolinse. Der Spin-Zustand des dunklen Exitons in dem Quantenpunkt birgt die Quanteninformation, also das Qubit. (© Dr. Tobias Heindel)
Rasterkraftmikroskopische Aufnahme einer gezielt über einem Quantenpunkt fixierten Mikrolinse. Der Spin-Zustand des dunklen Exitons in dem Quantenpunkt birgt die Quanteninformation, also das Qubit. (© Dr. Tobias Heindel)

 Forscherinnen und Forscher des Instituts für Festkörperphysik der TU Berlin ist es in Kooperation mit dem Forschungsinstitut Technion in Haifa, Israel, gelungen, neuartige Quanten-Informationsträger zu realisieren, die in der Quanten-Informationsverarbeitung eingesetzt werden könnten.

Quantencomputer sind in aller Munde und werden weltweit erforscht. International führende Teams setzen dafür neuerdings auch auf sogenannte „dunkle Exzitonen“ als Informationsträger. Diese speziellen „Quasipartikel“, welche aus gebundenen Elektron-Lochpaaren in einem Festkörperkristall bestehen, stellen vielversprechende Kandidaten für Quanten-Informationsträger dar – den sogenannten Quantenbits oder auch Qubits. „Ein Qubit auf der Basis eines dunklen Exzitons ist in der Lage, in seinem Spin-Zustand Information zu speichern. Das kann man sich ähnlich wie ein klassisches Bit in einem Computer vorstellen. Im Gegensatz zu einem klassischen Bit jedoch ist ein Qubit nicht nur in der Lage, den Zustand ‚1‘ oder ‚0‘ zu repräsentieren, sondern kann prinzipiell unendlich viele Zwischenzustände annehmen“, erklärt Dr. Tobias Heindel, Mitarbeiter der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Stephan Reitzenstein, Fachgebietsleiter der Optoelektronik und Quantenbauelemente an der TU Berlin.

Bei der Verwendung dunkler Exzitonen gibt es jedoch ein Problem: Wie ihr Name bereits vermuten lässt, sind sie für sich betrachtet nicht in der Lage, Licht auszusenden und damit schwer aufspürbar. Gerade die Dunkelheit macht diese Exzitonen aber auch interessant für ihre Anwendung als Quantenspeicher: Wurde ein dunkles Exziton erst einmal erzeugt, so kann dieses die Information über eine Mikrosekunde lang speichern – und damit um den Faktor tausend länger als in üblichen hellen Exziton-Zuständen.

Nun ist es dem Team von der TU Berlin zusammen mit dem israelischen Forscherteam nicht nur gelungen, den Spin-Zustand und damit die Information eines dunklen Exzitons auszulesen, sondern dieses gezielt in einem Nanobauteil zu lokalisieren.

Das Nanobauteil, in welchem die Forscher dunkle Exzitonen isolieren konnten, ist ein Halbleiter-Quantenpunkt, der in dem Brennpunkt einer mikroskopisch kleinen Linse sitzt. Um das dunkle Exziton jedoch überhaupt erst erzeugen und anschließend seinen Spin-Zustand auslesen zu können, nutzten die Forscherinnen und Forscher einen Trick, den die israelischen Kooperationspartner im Jahre 2010 entwickelt haben: Man entlockt dem Quantenpunkt die in dem Spin-Zustand gespeicherte Quanteninformation durch ein weiteres gezielt eingebrachtes Elektron, welches das Exziton - vereinfacht ausgedrückt - von dunkel auf hell schaltet. Nun kann das Exziton ein detektierbares Lichtquant aussenden. Der Clou: Die Polarisation dieses Lichtteilchens birgt die Information über den Spin-Zustand des ursprünglichen dunklen Exzitons.

Der große Vorteil gegenüber den bisherigen Experimenten liegt hier in dem an der TU Berlin entwickelten Nanobauteil. Eine spezielle mikroskopische Linse wird in einem einzigartigen und weltweit nur in der AG Reitzenstein beherrschten Verfahren gezielt über den zuvor ausgewählten Quantenpunkt gesetzt. „Die Linse sammelt die ausgestrahlten Lichtquanten und bündelt sie in Richtung des Detektors. So kann der Spin-Zustand des dunklen Exzitons deutlich häufiger ausgelesen werden als ohne diese Linse, was später entscheidend für die Übertragungsrate der Quanteninformation sein wird. Durch diese Demonstration konnten wir zeigen, dass dunkle Exzitonen als langlebige Qubits eingesetzt werden können, wodurch künftig Anwendungen in der Quanten-Informationsverarbeitung möglich werden“, so Heindel.

Die experimentellen Arbeiten zu diesem neuartigen Quanten-Informationsträger wurden von Dr. Tobias Heindel und seinen Kolleginnen und Kollegen zu Teilen in der AG Reitzenstein an der TU Berlin sowie in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. David Gershoni am Forschungsinstitut Technion (Israel Institute of Technology) in Haifa, Israel, durchgeführt. Diese Forschung wurde von der German-Israeli Foundation for Scientific Research and Development gefördert.

Der Artikel wurde in der Open Access Fachzeitschrift APL Photonics des American Institutes of Physics publiziert* und als wichtiger Durchbruch auf dem Gebiet hervorgehoben.

* T. Heindel et al., Accessing the dark exciton spin in deterministic quantum dot microlenses, APL Photonics 2, 121303 (2017).


Weitere Informationen


Technische Universität Berlin
10587 Berlin
Deutschland


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