Kohlendioxid als Rohstoff nutzen
Chemiker der TU Berlin um Prof. Dr. Peter Strasser aus dem Fachgebiet „Elektrochemische Katalyse und Materialien“ ließen sich von der Biokatalyse zu einem neuen Katalysator für die Kohlendioxidreduktion inspirieren.
Kohlendioxid (CO2) ist weitgehend als klimaschädliches Abgas bekannt. Die immer wiederkehrende Frage ist, ob und wie man dieses Gas auch als Rohstoff nutzen könnte. Ein Thema, das unter anderem für Industrien interessant ist, die zum Beispiel große Mengen Kohlenmonoxid (CO) für die Herstellung von Polycarbonat oder Polyurethan benötigen. Dabei handelt es sich um thermoplastische Kunststoffe, die zum Beispiel bei der Herstellung von CDs, Brillen und Schutzgläsern (Polycarbonat) oder Schwämmen, Armaturenbretter und Schaumstoff (Polyurethan) genutzt werden.
„Das im Produktionsprozess benötigte Kohlenmonoxid wird bislang aus Methan, einem fossilen Brennstoff, gewonnen“, erläutert Prof. Dr. Peter Strasser von der TU Berlin. „Ein Prozess, bei dem nicht nur fossile Brennstoffe verbraucht werden, sondern bei dem zusätzlich auch noch Kohlendioxid entsteht. Die Frage war, ob man das Kohlenmonoxid unbedingt aus Methan gewinnen muss oder ob es nicht auch eine Möglichkeit gibt, es effektiv aus CO2 zu gewinnen? Die Antwort darauf ist: Ja, elektrochemisch geht das und dieser Prozess wird zurzeit intensiv untersucht, unter anderem auch von Industriepartnern wie der Firma Covestro. Das Problem: Der beste bislang bekannte Katalysator für diese Elektrolyse ist immer noch relativ unspezifisch und benötigt zusätzlich noch Gold oder Silber in seinem reaktiven Zentrum – ist also relativ kostenintensiv.“
In einem im Rahmen von Horizon2020 geförderten Gemeinschaftsprojekt der Technischen Universität Dresden, der Ruhr Universität Bochum, der Universität Kopenhagen und der TU Berlin als Konsortiumsführer hat sich die Arbeitsgruppe um Peter Strasser mit einem bioinspirierten Katalysator beschäftigt, dessen aktives Zentrum sich an das aktive Zentrum des Hämoglobins, das sogenannte Porphyrin, anlehnt. Es enthält in seinem aktiven Zentrum vier Stickstoff-Atome und in der Mitte ein Metall-Atom. Genau dieses aktive Zentrum wurde als Festkörper hergestellt. Es gab bereits theoretische Vorhersagen, dass diese sogenannten Porphyrin-Motive elektrochemisch nicht nur Sauerstoff reduzieren können, sondern sehr selektiv aus Kohlendioxid Kohlenmonoxid machen können. Eines der wenigen Nebenprodukte ist zum Beispiel Wasserstoff. Die entscheidende Rolle spielt dabei das zentrale Metall. Es bindet das CO2 Molekül und macht daraus über verschiedene Zwischenstufen Kohlenmonoxid. Wie effektiv diese Kohlenmonoxid-Produktion ist, hängt dabei sehr wesentlich von dem Metall im aktiven Zentrum des Katalysators ab.
„Wir haben unter anderem Nickel und Eisen als zentrales Atom in dem Katalysator untersucht. Nickel zum Beispiel ist ein besonders interessantes Derivat, da es das Kohlenmonoxid nur schwach bindet und es relativ leicht wieder als Gas entlässt. Enthält das aktive Zentrum dagegen Eisen, liegt die Produktion von Kohlenmonoxid anfangs zwar höher als beim Nickel, allerdings wird das Kohlenmonoxid deutlich stärker gebunden. Als eine Folge davon wird der Katalysator auch deutlich schneller blockiert. Im Vergleich von den verschiedenen Katalysator-Derivaten konnten wir belegen, dass zumindest im Labormaßstab ein zu 99 Prozent kohlenstoffbasierter Katalysator mit Nickel in seinem aktiven Zentrum effektiver und selektiver Kohlenmonoxid aus Kohlendioxid herstellt, als die bekannten Gold- und Silber-Katalysatoren“, beschreibt Peter Strasser die Versuchsergebnisse.
Wurden diese Katalysatoren bislang im Labormaßstab untersucht, werden sie nun im Grammbereich hergestellt und bei dem Industriepartner Covestro in einer Mini-Testanlage getestet.
Understanding activity and selectivity of metal-nitrogen-doped carbon catalysts for electrochemical reduction of CO2
Wen Ju, Alexander Bagger, Guang-Ping Hao, Ana Sofia Varela, Ilya Sinev, Volodymyr Bon, Beatriz Roldan Cuenya, Stefan Kaskel, Jan Rossmeisl & Peter Strasser
Nature Communications 8, Article number: 944(2017), DOI:10.1038/s41467-017-01035-z
Technische Universität Berlin
10587 Berlin
Deutschland