Einstein auf dem Prüfstand – zwei Präzisionsexperimente mit Lasern aus Berlin im Weltraum
Erfolgreiche Tests der Projekte KALEXUS und FOKUS an Bord der Forschungsrakete TEXUS-53 in Schwerlosigkeit durchgeführt.
Albert Einsteins Relativitätstheorie zufolge werden im Vakuum alle Körper, unabhängig von ihren sonstigen Eigenschaften, gleich schnell durch die Erdanziehungskraft beschleunigt. Dieses Äquivalenzprinzip gilt für Steine, Federn und Atome gleichermaßen. Unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit kann besonders lange und damit präzise gemessen werden, ob verschieden schwere Atome tatsächlich „gleich schnell fallen“.
Für die ersten Präzisionsmessungen im Weltraum mit kalten Atomen sind Kalium und Rubidium als Atomspezies geeignete Kandidaten. In Vorbereitung auf diese Messungen wurden am 23. Januar in Kiruna, Schweden, gleich zwei Experimente erfolgreich auf einer Höhenforschungsrakete durchgeführt. Dies hat nun eine erste Auswertung gezeigt. Die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) testen in den Projekten KALEXUS und FOKUS modernste Lasertechnologien. Die anspruchsvollen Technologiedemonstratoren legen die Grundlagen für präzise Tests des Äquivalenzprinzips mit sogenannten Kalium- und Rubidium-Atominterferometern und weiteren Experimenten zur Einstein’schen Relativitätstheorie. Forscher erhoffen sich von entsprechenden Experimenten Hinweise zur Bewältigung einer der womöglich größten Herausforderungen der modernen Physik: Die Vereinigung der Gravitation mit den anderen drei grundlegenden Wechselwirkungen in einer einheitlichen Theorie.
Laserexperimente mit Kalium- und Rubidiumatomen: KALEXUS und FOKUS
In dem Projekt KALEXUS wurde unter der Leitung der Arbeitsgruppe Optische Metrologie an der HU ein stabiles Lasersystem für die Manipulation von Kaliumatomen aufgebaut. Herzstück sind zwei vom FBH entwickelte, mikrointegrierte Halbleiterlasermodule. In KALEXUS wird die Wellenlänge dieser Lasermodule auf einen atomaren Übergang von Kalium eingestellt. Während der sechsminütigen Schwerelosigkeit stabilisiert das Experiment die Wellenlänge beider Laser selbstständig. Außerdem kann das Lasersystem während des Fluges eigenständig zwischen den Laserquellen hin und her schalten. Schließlich lassen sich derartige Experimente nicht einfach wiederholen, und die Wissenschaftler können während des Flugs nicht korrigierend eingreifen. Zudem dürfen die Messungen nicht gefährdet sein, falls einer der Laser ausfallen sollte.
Zusätzlich wurde im Projekt FOKUS, geleitet von Menlo Systems, ein weiteres Lasermodul des FBH an der HU zum System aufgebaut. Der auf einen atomaren Übergang von Rubidium stabilisierte Laser soll die Technologiereife entsprechender Aufbauten für spätere Falltests von Atomen in Schwerelosigkeit demonstrieren. Das Lasersystem ermöglicht zudem einen Uhrenvergleich. Dabei wird die Frequenz dieses „optischen Oszillators“ mit der eines Quarzoszillators, der wie eine moderne Armbanduhr im Radiofrequenzbereich „tickt“, verglichen. Die Allgemeine Relativitätstheorie sagt nämlich auch voraus, dass der Gang aller Uhren in gleicher Weise von der Gravitation beeinflusst wird, unabhängig davon, wie diese Uhren physikalisch oder technisch realisiert sind. Ein erster Test im April 2015 bestätigte die Tauglichkeit derartiger „Atomuhren“ und der dafür benötigten Lasersysteme zur Überprüfung der Allgemeinen Relativitätstheorie im Weltraum. Ziel ist es nun, diese ersten Ergebnisse nach einigen technischen Optimierungen des Systems zu bestätigen.
Zwei Technologieansätze im direkten Vergleich
Die beiden Experimente verwenden verschiedene Lasertypen aus dem FBH, was einen Vergleich ihrer Lasertechnologien für das Einsatzszenario erlaubt. Kernstück des FOKUS-Moduls ist ein DFB (Distributed Feedback) Laser, der Licht in einem engen Frequenz- beziehungsweise Wellenlängenbereich bei 780 nm abgibt. Diese spektrale Schmalbandigkeit ist eine der zentralen Anforderungen an das Lasermodul, welches für die Spektroskopie der Rubidiumatome und damit für Präzisionsmessungen benötigt wird.
KALEXUS nutzt einen ECDL-Aufbau (Extended Cavity Diode Laser), der dank eines externen Gitters eine noch schmalere Linienbreite liefert. Der Laser ist für spektroskopische Messungen mit Kaliumatomen optimiert und emittiert bei einer Wellenlänge von 767 nm. Das externe Gitter macht ihn jedoch – im Gegensatz zum monolithischen Aufbau des FOKUS-Lasers – potenziell störungsanfälliger. Schließlich müssen die handtellergroßen Module die mechanischen Belastungen beim Raketenstart mit Beschleunigungen bis zum 15-fachen der Erdbeschleunigung überstehen und anschließend im Weltraum reibungslos funktionieren.
Die Projekte KALEXUS und FOKUS werden vom Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) finanziert.
Über das Joint Lab Laser Metrology
Im Rahmen dieses Joint Labs werden sehr schmalbandige Diodenlaser, unter anderem für die optische Präzisionsspektroskopie im Weltraum entwickelt. Hierbei arbeiten das Ferdinand-Braun-Institut und Arbeitsgruppe Optische Metrologie der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin eng zusammen. Dadurch können die gemeinsamen Interessen und komplementären Expertisen von HU Berlin (optische Präzisionsmessungen für fundamentalphysikalische Fragestellungen) und FBH (Halbleiterlaserentwicklung) optimal gebündelt werden.
Ferdinand-Braun-Institut gGmbH
12489 Berlin
Deutschland