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Partikelfreie Endverpackung im GMP C-Reinraum: Integrierte Anlagen- und Materialflow-Planung ermöglicht optimierte Prozesse und Durchlaufzeiten
Verpackungshygiene bei endotherapeutischem Instrumentarium
Bei der Endverpackung von endotherapeutischem Instrumentarium muss besonders auf die Partikelfreiheit geachtet werden. Um diesen Schritt zukünftig inhouse durchführen und sowohl die Größen als auch die Durchlaufzeit mithilfe der Umstellung von Bulk- auf Eigenverpackung optimieren zu können, ließ die medwork GmbH, die im fränkischen Höchstadt a. d. Aisch gastro-intestinales Zubehör herstellt, im Jahr 2014 eigens eine Reinraumanlage einrichten. Die beauftragten Reinraumbauer der Nerling Systemräume GmbH realisierten diese einschließlich Schleusenausstattung, Förder- und MSR-Technik in einer neu gebauten Halle. Um zu gewährleisten, dass alle Prozesse im Reinraum genauestens aufeinander abgestimmt und möglichst effizient sind, wurde der Materialflow bei der Gesamtplanung der Anlage besonders berücksichtigt und ein separates Schleusenkonzept für Personal und Material verwirklicht. Zudem wurde in der Anlage ein autarkes Partikel-Monitoringsystem installiert sowie das individuelle Farbkonzept des Unternehmens umgesetzt.
„Endotherapeutisches Instrumentarium war früher wiederverwendbar, wurde also gereinigt, wiederaufbereitet und sterilisiert. Über die Jahre hinweg hat es sich allerdings zu einem klassischen Einmalprodukt entwickelt“, erläutert Gerald Fischer, Geschäftsführer der medwork GmbH. Das Unternehmen produziert in diesem Segment heute zu mehr als 95 Prozent sogenannte Disposables – angefangen im Bereich Polypektomie mit einer Schlinge zur Polypenabtragung, bis hin zu Injektionsnadeln und verschiedenen Schneidinstrumenten. Von den insgesamt circa 600 Artikeln im Portfolio werden etwa 50 Prozent im Haus entwickelt, produziert und endverpackt. „Früher haben wir das Verpacken bei einem externen Dienstleister durchführen lassen. Das hatte den Nachteil, dass wir nicht die letzte Instanz waren, die das Produkt einer Qualitätskontrolle unterzogen hat“, so Fischer. „Wir haben uns daher entschlossen, einen Reinraum zu bauen, der es uns ermöglicht, selbst die finale Qualität am Produkt sicherzustellen.“
Verbrauchsoptimierte Anlage mit Gesamt-Klassifizierung GMP C
Die verschiedenen Instrumente sollen bei medwork zukünftig unter Reinraum-Bedingungen gemäß Klasse GMP C verpackt und versiegelt werden, damit das Eindringen von Staub und anderen Unreinheiten, zum Beispiel beim anschließenden Transport zur Sterilisationsstelle, verhindert wird. Die zu diesem Zweck bei Nerling in Auftrag gegebene 16,90 x 16,88 m große Anlage befindet sich in einer neu gebauten Halle und umfasst neben dem 10,50 x 15,70 m großen eigentlichen Reinraum zum Verpacken auch zwei Personalschleusen sowie jeweils zwei Schleusen für den Materialein- und -ausgang. „Es handelt sich um eine Reinraumanlage mit einer abgehängten Reinraumdecke. In Verbindung mit der vorhandenen Geschoßdecke des Gebäudes wird hierbei ein Unterdruckplenum erzeugt, aus dem nachgeschaltete Filter-Ventilator-Einheiten konditionierte Luft ansaugen und reinstgefiltert auf den Reinraum aufgeben“, erläutert Jan Kürbis, Projektmanager Reinraumtechnik bei der Nerling Systemräume GmbH. „Die Anlage ist kundenspezifisch optimiert und erlaubt beispielsweise einen individuell einstellbaren Absenkbetrieb in Nebenzeiten.“ Auf eine sichere Auslegung bezüglich Filterleistung und Luftwechselrate wurde geachtet.
Direkt nebenan befindet sich ein Technikraum, in dem sich unter anderem der Schaltschrank mit der kompletten, SPS-basierten Anlagensteuerung, das Lüftungs-Zentralgerät sowie die komplette Kalt- und Warmwasserversorgung befinden. Zwischen der Gebäudehülle und der eigentlichen Reinraumwand wurde ein zusätzlicher Wartungsgang installiert, der zudem als Rückströmzone, zur freien Überströmung der Raumabluft, dient. Die Gesamtanlage ist modular aufgebaut und dadurch leicht erweiter- und demontierbar. „Die komplette Bedienung, Einstellung und Überwachung erfolgt über ein außen in die Reinraumwand integriertes 15“-Haupt-Bediendisplay. Für weitere Überwachungszwecke sind zwei 7“-Nebendisplays montiert“, so Kürbis weiter.
Optimierter Materialfluss
Da es dem fränkischen Hersteller nicht allein um den Reinraum an sich, also um die Filteranlagen und die Technik ging, sondern vor allem auch um einen optimalen Materialfluss, wurde dieser bei der Gesamtplanung von Nerling besonders berücksichtigt. „Dabei war es wichtig, dass es ein separates Schleusenkonzept jeweils für Personal und Material gibt. Deshalb wurden insgesamt sechs Schleusen gebaut“, so Kürbis. „Es sollte außerdem ein einwandfrei funktionierender Durchlauf sichergestellt werden, mit dem die angedachte Menge umgesetzt werden kann.“ Alle vor- und nachgelagerten Prozesse sind ebenfalls in dieser Linie angeordnet, um möglichst wenig Zeitaufwand für Transport, Handhabung und Umpacken zu benötigen. „Für uns war entscheidend, dass nicht nur der eigentliche Reinraum perfekt ist, sondern dass auch die Prozesse, die darin durchgeführt werden, aufeinander abgestimmt sind. Deswegen hat Nerling auch die gesamte Technik zum Ausfördern der Produkte geplant und uns beispielsweise dabei unterstützt, Kisten und Rollbänder im Raum zu positionieren“, so Fischer.
Die in Boxen gelagerten Instrumente kommen über einen Fahrstuhl aus der Fertigung und über die Material-Eingangsschleusen in den neuen Reinraum. Vor der Einschleusung werden sie einer Reinigung unterzogen. Im Raum selbst führen die Mitarbeiter eine finale Wischdesinfektion des Produkts durch und spiralisieren es zu einem Bündel, das dann in die Sterilverpackung eingeführt wird. Die Ware wird anschließend verschweißt beziehungsweise gesiegelt, etikettiert, kontrolliert und dann wieder ausgeschleust. Vor dem letzten Verarbeitungsschritt – der Sterilisation, die extern durchgeführt wird – erfolgt noch die Umverpackung, bei der eine Bedienungsanleitung dazugelegt, das Ganze verschlossen und noch einmal etikettiert wird.
Partikel-Monitoring bei Vorreinigung und Verpackung
Darüber hinaus wird im Reinraum ein separates Partikel-Monitoring durchgeführt, um Anforderungen des OE-Bereichs zu erfüllen und die Betriebssicherheit zu gewährleisten. „Wir haben einen Partikelzähler an einer Säule direkt in der Mitte des Raumes installieren lassen und den zweiten über der Materialschleuse von der Decke abgehängt. So haben wir eine Kontrollmöglichkeit für die Vorreinigung, wo natürlich Partikel entstehen, und für den Peel-Verpackungsbereich“, so der Geschäftsführer. Im laufenden Betrieb sind die Sensoren immer eingeschaltet und ihre Daten werden auf einen Rechner übertragen, so dass bei jedem Verpackungsprozess und jeder Charge nachgewiesen werden kann, dass alle Peel-Verpackungsbedingungen erfüllt sind. „Das ist zum Beispiel für Märkte wie Japan sehr wichtig, wo besonderer Wert auf eine möglichst hohe Partikelfreiheit gelegt wird“, erklärt Fischer. In den Peel-Verpackungen sollten nahezu keine Partikel, vor allem keine organischen Schmutzteilchen, vorhanden sein. „Eine 100-prozentige Partikelfreiheit kann nicht erreicht werden. Für die Luft gibt es die Vorgabe GMP C, für das Innere der Peel-Verpackung werden in engen Grenzen einzelne, nichtorganische Partikel erlaubt“, so Fischer weiter. „Deshalb führen wir Durchleuchtungsprüfungen durch, um zu sehen, ob sich überhaupt Partikel in einer Peel-Verpackung befinden.“
Auch eine hochwertige Optik der gesamten Anlage war für medwork ein wichtiger Faktor. So wollte der Hersteller das Farbkonzept, das im ganzen Unternehmen umgesetzt ist, auch im Reinraum verwirklichen. „Alle Fensterrahmen und Türen der Reinraumanlage sind in der Firmenfarbe RAL 9007 Graualuminium gestaltet worden. Sämtliche anderen Flächen wurden in RAL 9010 Reinweiß pulverbeschichtet“, so Kürbis.
Serienfertigung seit KW 13
„Beim Bau des Reinraums sind wir von der Projektphase bis zur Umsetzung immer gut betreut worden, so dass wir ein qualitativ hochwertiges Produkt in Betrieb nehmen konnten“, so der Geschäftsführer. „Besonders positiv war, dass die gesamte Anlage inklusive Schleusenausstattung, Förder- und MSR-Technik aus einer Hand kam und die Inbetriebnahme sowie die Serienfertigung von Nerling kompetent begleitet worden ist.“ Seit September 2014 wird der Raum zur Verpackung von Bulkware verwendet. Die Anlage wurde von Nerling eigens so geplant, dass medwork die Bulkverpackung im Raum bis zur Umstellung auf die Eigenverpackung beibehalten kann. Für die Verifizierung der Verpackungsprozesse bei der Eigenverpackung wurde im Dezember 2014 eine Nullserie abgewickelt. In der anschließenden Vorserie verpackte medwork über 14 Tage 5.000 Produkte und führte dabei über das gesamte Portfolio hinweg komplette Fertigungsaufträge aus. Am 5. Februar 2015 wurde eine erfolgreiche Messung „in operation“ durchgeführt und in KW 13 schließlich die Serienverpackung gestartet.
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