Paul Jochem
Das 2. Technologieforum-Reinraum
Saarländisches Know-how um 50% gesteigert
Mit der zweiten Veranstaltung wurden die Organisatoren des 2. saarländischen Technologieforums-Reinraum in ihren Erwartungen übertroffen. Wie man vermuten kann, hatte die Mund zu Mund Propaganda ihre Spuren hinterlassen.
Der Hausherr von ZeMA (Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik Saarbrücken), Herr Jochen Flackus, in deren Räumlichkeiten die Veranstaltung stattfand, war genau so begeistert wie die Forums-Organisatoren.
Warum die Begeisterung so groß war, lässt sich mit ein paar Worten beschreiben: Die Teilnehmer des Forums sind Reinraumverantwortliche saarländischer Unternehmen, die ihr Portfolio unter sauberen oder Reinraumbedingungen herstellen. Durch die Teilnehmer der Veranstaltungen hat sich ein Kompetenzteam entwickelt, das mit dem Know-how des Netzwerkes „CleanRoomNet“ super harmoniert. Die entstandene Fachkompetenz wird in Arbeitskreisen ihre Möglichkeiten diskutieren können.
In den Sparten der Life-Science–Branche wie zum Beispiel der Pharmazie, Medizintechnik als auch der medizinischen Biotechnologie gelten immer höchste Sicherheits- und Hygienestandards, die strengsten Kontrollen unterliegen. Gleichzeitig verzeichnen diese Hersteller immer wieder steigende Nachfragen nach ihren Produkten. Dies setzt voraus, dass die dafür erforderlichen Reinräume, Prozesse und stetig steigenden Qualitätsanforderungen eine Herausforderung für jedes Unternehmen darstellt. Gleichzeitig dürfen die Unternehmensprozesse beeinträchtigt werden, sodass weder Termin, Kosten und Qualitäten in höchstem Maße sicher sein müssen.
Auch die Bauteilsauberkeit hat sich inzwischen als unverzichtbarer Prozessschritt in der Fertigung etabliert. Auch hier sind neben den definierten partikulären und filmischen Restschmutzanforderungen sowie die ökonomischen als auch die ökologischen Aspekte zu berücksichtigen.
Das Technologieforum-Reinraum hat sich bei seiner zweiten Veranstaltung all diesen Themen angenommen.
Bei der Begrüßung der Teilnehmer informierte Jürgen Luckas die Gäste über die Umfirmierung von ZPT auf saar.is. Neuer Name, neue Stärken: Aus ZPT wird saar.is saarland.innovation&standort e. V. (saar.is). Saaris unterstützt Unternehmen der saarländischen Wirtschaft mit einem umfassenden Dienstleistungsangebot bei der Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft sowie bei der Erschließung neuer Absatzmärkte. Forschung, Entwicklung und Wirtschaft profitieren von zahlreichen Fördermaßnahmen wie Veranstaltungen, individuellen Beratungen zu Gründung oder Förderung, Messen und Öffentlichkeitsarbeit.
Gleichzeitig wies Herr Luckas nochmals für die neuen Teilnehmer daraufhin, dass das Technologieforum Reinraum 2014 folgende Ideen und Nutzen für jeden einzelnen verfolgt:
- Lernen von Praktikern und Experten
- Forum und Möglichkeit, eigene Innovationen vorzustellen/einzuordnen
- Überschaubarer Teilnehmerkreis
- Umsetzen der Erkenntnisse im eigenen Betrieb
- Fragen zur eigenen Planung/Umsetzung können diskutiert werden
- Erfahrungsaustausch der Unternehmen (branchenübergreifend) in Bereichen der Reinraumtechnik, KVP und Qualitätsmanagement
- Hilfe bei der Suche nach geeigneten Kooperationspartnern (Wirtschaft oder Wissenschaft)
- Mitarbeiter mit hohem Fachwissen sind zufriedener, sicherer und motivierter
- . . .
Gegen 15:15 Uhr gab der Hausherr des Zentrums für Mechatronik und Automatisierungstechnik einen Überblick über sein Institut. Dabei griff Herr Flackus drei Schwerpunktthemen auf:
Zahlen und Fakten des ZeMA:
- Gegründet: 2009
- Gesellschafter sind: Saarland mit 60%, UNI des Saarlandes mit 20%, Hochschule für Technik und Wirtschaft mit 20%
- Mitarbeiter: im Jahr 2012 = 53 Pers., im Jahr 2013/14 = 82 Pers.
Der Auftrag des ZeMA für den Standort Saarbrücken lautet:
- Aufbau eines Institutes zur Förderung der anwendungsbezogenen Forschung
- Die Ausbildung des ingenieurwissenschaftlichen Nachwuchses
- Technologietransfer durch Kooperation mit der Wirtschaft
- Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik
- Sein Selbstverständnis: Das ZeMA versteht sich als Partner zur anwendungsorientierten Forschung und industrienahen Entwicklung im Bereich Mechatronik und Automatisierungstechnik.
Der Fokus:
- Forschung: Vom Produkt über den Produktionsprozess bis zum Betriebsmittel
- Entwicklung: Es wird in enger Kooperation mit den Gesellschaftern der Universität des Saarlandes (UdS) und der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) gearbeitet.
Herr Steil von Becker Reinraumtechnik referierte zu dem Thema: Sauberkeit / „Reinheit“ in der Produktion
Bei seinen Ausführungen stellte Herr Steil die Vorteile „Alles aus einer Hand“ in den Fokus. Von der Planung über die Projektierung bis hin zum Bau von Sauberräumen sowie von Reinräumen nach ISO 14644-1.
Dabei wurden die Unterschiede zwischen Sauberraum und Reinraum klar definiert und diskutiert. Durch seine abstrakten Darstellungen konnte sich ein jeder in die beschriebene Situation hinein versetzen. Auch der Spagat zur Verwendung der einzelnen Räumlichkeiten war in der Kürze der Zeit ausgiebig beschrieben
worden.
Herr Giesbert Klaus, Techn. Leiter, Variopack GmbH & Co.KG referierte über das Thema: Bauteilsauberkeit in der Automobilindustrie
- Regularien und Anwendungsfälle
- Ausgeführte Beispiele
Die Tätigkeitsfelder von Herrn Klaus umfassen: Die industrielle Teilereinigung sowie der Verantwortungsbereich der logistischen Dienstleistungen. Bei der Ausführung seines Themas ging Herr Klaus zunächst auf die betriebliche Entwicklung der Reinigungstechnologie seines Unternehmens ein.
1994: Einbad-Waschanlagen
1998: Durchlauf-Waschanlagen (Reinigen-Spülen)
2007: Einführung von Filtersystemen
2008: 4-stufige Waschanlagen
2010: Energieeffiziente Trocknungstechnologie
2011: Maximale Reduktion der Restschmutzpartikel durch Reinraumtechnologie
Er definierte die Kundenanforderung Sauberkeit: Waschen aller Einzelteile auf der gleichen Waschanlage, Prüfung direkt vor Ablieferung, mit einem nach VDA19 qualifizierten Sauberkeitsprüfverfahren (mit Mindestanforderung Spezifikation). Die Firma Variopack ist in diesem Bereich ein Dienstleistungsunternehmen. Mit dem Beispiel einer Mehrwegverpackung erläuterte Herr Klaus den Materialfluss in seinem Unternehmen.
In der weiteren Agenda wurde seitens Paul Jochem (Reinraumtechnik Jochem) das Thema: Verunreinigungen (er)kennen und Vermeiden aufgeworfen
- Was sind Kontaminationsquellen, wer oder was sind die Verursacher?
- Wie können nicht sichtbare Phänomene vermieden werden?
Dabei stellte er sich die Grundsatzfrage: Was wir nicht sehen und fühlen, wie können wir das begreifen. Bezogen wurde diese Frage auf die Partikel- Quellen im Reinraum, die wir nicht sehen (da sie sich im Nano-Bereich bewegen), die jedoch messbar vorhanden sind. Wie soll man dem Reinraum-Mitarbeiter dies plausibel machen. Der Tastsinn ist eines der wichtigsten menschlichen Wahrnehmungssysteme, um Informationen über die Umwelt zu erhalten, einzuordnen und langfristig verarbeiten zu können. Über die Haut, das größte Sinnesorgan des Menschen, nimmt er physikalische Reize wie Druck, Vibration und Temperatur auf, und das permanent.
Manche Eigenschaften von Gegenständen können wir nicht ohne unseren Tastsinn herausfinden. Härte, Gewicht, Rauigkeit, Feuchtigkeit, Weichheit, Elastizität, usw. all dies sind Merkmale, die wir nicht sehen, hören, riechen oder schmecken können, wir müssen sie fühlen.
Die Haut ist die äußere Grenze unseres Körpers, an ihr findet ein großer Teil des Kontaktes zur Umwelt und zu anderen Menschen statt. Wenn wir aktiv berühren, so tun wir dies in der Regel mit der Hand. Über unseren Händen tragen wir im Reinraum Handschuhe um zusätzliche Partikel-Quellen zu vermeiden. Durch diese Tatsachen wird die Reinraumschulung für Mitarbeiter nicht unbedingt erleichtert.
Frau Gitte Hansen beschäftigte sich mit dem Thema: Verbrauchsmaterialien im Reinraum
- Welche gibt es? … Auswahl der „Richtigen“ für die jeweiligen Anwendungen
- Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Frau Hansen stellte den Forumsteilnehmern zunächst ihr Unternehmen und dann die ganze Bandbreite von Verbrauchsmaterialien für Reinräume als auch deren Anwendungsmöglichkeiten vor. Ihre über 25-jährige Erfahrung in diesem Themenbereich war für die Teilnehmer wie ein Sechser im Lotto. Aus ihrer langjährigen Erfahrung mit ihren Reinraum-Kunden konnte sie eine Fülle von unterschiedlichsten Anwendungsmöglichkeiten der Verbrauchsmaterialien aufzeigen und auch der Spagat zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung traf auf offene Ohren bei den Forumsteilnehmern.
Gegen 17:00 Uhr stellte Herr Steil das durch das Netzwerk CleanRoomNet entwickelte Schleusenkonzept für GMP Anwendungen – ein Leitfaden aus der Praxis vor.
Dabei erläuterte er schwerpunktmäßig den Inhalt der Broschüre mit den Themen:
- Anordnung und Konzept der Personalschleusen
- Richtiges Ein- und Ausschleusen von Personal mit der richtigen Bekleidung
- Möblierung, Monitoring und Reinigung von Schleusen
- Diese Broschüre kann man auch unter www.cleanroomnet.de downloaden
Durch dieses Forum wird ein Netzwerk entstehen, das geballtes Fachwissen aus den unterschiedlichsten Unternehmen, gepaart mit dem Know-how des Netzwerkes CleanRoomNet gebündelt und als ständiger Wissens- und Technologietransfer-Austausch genutzt werden kann.
Der Dialog in diesem themenbezogenen Netzwerk soll dazu führen, saarländisches Experten-Know-how zu bündeln, um Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten.
Synergie-Effekte, die gezielt und richtig kanalisiert weitergeleitet werden, sind in der schnelllebigen Reinraumlandschaft unverzichtbar.
Alle Teilnehmer des Technologieforums Reinraum waren am Ende der Veranstaltung eingeladen, den Reinraum im ZeMa Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik zu besichtigen. Herr Steffen Hau, Institut für unkonventionelle Aktorik an der UdS Universität des Saarlandes, begleitete die Besichtigung und stand den Interessenten mit Rede und Antwort zur Verfügung.
Bei dem anschließenden get together mit Umtrunk, war den Teilnehmern nochmals die Möglichkeit eingeräumt mit den Referenten einen fachlichen Austausch vorzunehmen. Von diesem Wissenstransfer wurde ein reger Gebrauch gemacht.
ReinraumTechnik-Jochem
66538 Neunkirchen
Deutschland