- Gebäude & Räume
Impfstoffe aus (r)einem Container
Neuer Reinraum für Krebstherapie bei Tieren
Die Umsetzung eines klassischen Reinraums beinhaltet oftmals nicht nur lange Planungszeiten, sondern bedeutet für die beteiligten Unternehmen auch hohe Investitionskosten. Reinraumlösungen in Form von speziellen Containern bieten wirtschaftliche Vorteile.
Medikamente zur Krebsbehandlung von Tieren unterliegen höchsten Qualitätsansprüchen und werden nur unter Reinraumbedingungen hergestellt. So auch bei der PetBioCell GmbH, einem Labor zur Medikamentenherstellung für Krebstherapien bei Hunden, Katzen und Pferden. Hierfür haben die Mitarbeiter des Industriedienstleisters WISAG innerhalb von vier Wochen ein neues Reinraumlabor in einem Container errichtet. Dieser steht seit September auf dem Gelände der Tierärztlichen Klinik Dr. Thomas Grammel in Osterode am Harz. Die PetBioCell GmbH wurde 2012 gegründet und bietet Tierkliniken wie der von Thomas Grammel die Möglichkeit zur Medikamentenherstellung. Derzeit werden etwa 100 Krebspatienten pro Jahr mit autologen, also für jeden Patienten individuell hergestellten Impfstoffen versorgt. Für den Laborbetreiber bietet die neue Reinraumlösung einen entscheidenden Vorteil: „Um eine hohe Produktqualität und Professionalität bei der Medikamentenherstellung zu gewährleisten, war ein hochwertiger Reinraum Voraussetzung. Als Start-Up-Unternehmen war es uns zudem wichtig, schnell Produktionskapazitäten zu schaffen und dabei die Kosten für den Reinraum im Rahmen zu halten“, erklärt Simon Grammel, Geschäfts-führer der PetBioCell GmbH und Sohn des Tierklinik-Inhabers. Insgesamt investierte PetBioCell 300.000 Euro in die Containerlösung. Im Vergleich zur klassischen Reinraum-Variante konnten Investitionskosten gespart werden, da zum Beispiel auf übliche Brandschutzmaßnahmen, wie sie in bestehenden Gebäuden nötig sind, verzichtet werden konnte. Zudem werden die Container in Serie gefertigt, was nicht nur einen Kostenvorteil mit sich bringt, sondern auch eine bessere Planbarkeit aufgrund von Standardmaßen beim Einbau von Equipment, Material- und Personalschleusen.
Technisch höchste Ansprüche
Die WISAG, einer der größten deutschen Industriedienstleister, war als Generalunternehmer für Planung und Beratung sowie den gesamten Ausbau des Reinraum-Containers inklusive Bestellung und Transport zuständig. Der insgesamt rund 50 m2 große Container wurde in den Dresdner Produktionsstätten der WISAG ausgebaut, luftdicht verpackt und per LKW nach Osterode geliefert. Vor Ort erfolgten dann der Anschluss der technischen Komponenten, die Feinmontage sowie das Versiegeln der gesamten GMP-Oberflächen wie Decke, Wände und Fußboden. Für die Reinraum-Spezialisten eine besondere Herausforderung: „Der Ausbau eines Reinraums als Containervariante im Bereich der Veterinärmedizin war für uns eine neue, dabei sehr anspruchsvolle Aufgabe. Die enge Räumlichkeit machte die Montage der Innenausstattung komplizierter als bei üblichen Raumkonzepten. Zudem musste alles so gebaut werden, dass beim Transport und der anschließenden Remontage nichts passiert“, so Fred Kühne, zuständiger Projektleiter bei der WISAG in Dresden.
Der Reinraum im Container wurde mit hochwertigen Metallreinraumwänden und einer Reinluftanlage ausgestattet, die alle Partikel aus der Laborluft herausfiltert. Sie kühlt, be- und entfeuchtet bzw. erwärmt die Luft und bringt diese über Filterzuluftauslässe in den mobilen Reinraum. Für die in der Druckkaskade benötigten Überdrücke in den Räumen wird mehr Zuluft als Abluft in die Räume gefördert. Die Druckkaskade muss unter allen Betriebszuständen aufrecht gehalten werden. Dafür wurden eine komplexe Regelungsanlage sowie eine autarke Überwachung mittels Monitoringsystem der WISAG installiert. Damit können Luftdruck, Temperatur, Feuchtigkeit und Anzahl der Keime und Partikel in der Luft kontinuierlich überwacht werden. Hierfür wurden Temperatur und Feuchtefühler im Container-Reinraum sowie Partikelsensoren in den Arbeitswerkbänken installiert. Die einzelnen Parameter, die als Chargennachweis mindestens zehn Jahre archiviert werden müssen, können so auf einem Rechner bzw. Datenlogger manipulationssicher gespeichert werden. Die Frischluftanlage stellt den hygienisch notwendigen Außenluftwechsel sowie die Zuluftzufuhr für die Überdruckhaltung sicher. Für den notwendigen erhöhten Luftwechsel werden sogenannte FFU-Einheiten eingesetzt, die die Luft über Filter im Umluftbetrieb statt mit Außenluft reinigen. Mit dieser Lösung können erhebliche Betriebskosten gespart werden.
Zusätzlich wurden in dem neuen Reinraum Steril-Werkbänke der Reinheitsklasse A integriert. Diese gewährleisten absolute Keimfreiheit während des Herstellungsprozesses. Um den Reinraum betreten zu können, müssen die Mitarbeiter von PetBioCell strenge Hygienevorschriften einhalten, indem sie sich in zwei Personalschleusen zweimal umkleiden, waschen, desinfizieren sowie spezielle Reinraumkleidung tragen.
Die finale Abnahme durch PetBioCell und die Qualifizierungsmessungen durch die Firma GemLog aus Dresden erfolgten bereits Ende August. Für die vorgesehenen Prozesse wurde der Reinraum-Container gemäß den EU-GMP-Richtlinien erstellt, da nur mit diesen Räumen die hohen Hygiene- und Sicherheitsanforderungen zu erfüllen sind.
Auch zukünftig werden Reinräume in zahlreichen Branchen aufgrund strengerer Auflagen etwa in der Pharma- und Lebensmittelindustrie sowie der zunehmenden Verfeinerung der Technik immer mehr an Bedeutung gewinnen. Bereits jetzt ist die deutsche Reinraumtechnik-Branche mit ca. 15.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 2,5 Milliarden Euro internationaler Technologieführer. Gerade für klein-, mittelständische sowie Start-Up-Unter-nehmen bietet die Containerlösung branchenübergreifend eine Alternative zum klassischen Reinraum-Konzept, da hier hohe Kosten vermieden und so wirtschaftliche Risiken minimiert werden können.
WISAG Gebäude- und Industrieservice
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