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Nicole Göldner
Interdisziplinäre Vielfalt besticht beim Fraunhofer Reinheitstechnik-Preis »CLEAN! 2013«
Luftfiltermedium, »Correlative Particle Analyzer« und ein Messgerät für biologische Luftbelastung überzeugen die Jury
Am 2. Tag der Reinraum Lounge war es soweit: Die drei Preisträger wurden für ihre Beiträge mit dem Fraunhofer Reinheitstechnik-Preis »CLEAN! 2013« ausgezeichnet. Der 1. Preis ging an »MEGAcel mit NELIOR Filtration Technology« der AAF-Lufttechnik GmbH. Sein Luftfiltermedium auf Basis einer PTFE-Membran ist extrem robust, nahezu frei von Ausgasungen und zudem sehr energieeffizient. Zweitplatziert ist der »Correlative Particle Analyzer CAPA« der Carl Zeiss Microscopy GmbH. CAPA revolutioniert mit seinem Brückenschlag zwischen Rasterelektronen- und Lichtmikroskopie die Reinheitstechnik. Mit dem 3. Preis geehrt, wurde die neuartige Methode für kontinuierliches Messen von biologischer Luftbelastung in Isolatoren und RABS Systemen. Das Verfahren hat die Schweizer MBV AG mit dem MAS-100 Iso NT® entwickelt.
1. Preis: AAF-Lufttechnik GmbH – MEGAcel mit NELIOR Filtration Technology
Klassifizierte Luftreinheit ist beim Fertigen unter reinen Bedingungen Grundvoraussetzung für qualitativ hochwertige Produkte. Die in jedem Reinraum obligatorischen Filter spielen dabei eine wichtige Rolle für die Qualität der Zuluft. Beim Einsatz von Luftfiltern mit konventionellen Filterfasern mit einem Durchmesser von ca. 1,0 μm kollidieren Luftmoleküle mit der Faseroberfläche und verhindern den unbeeinträchtigten und damit optimalen Luftstrom (Slip-Flow-Effekt). Luftmoleküle neigen dazu, sich an der Faser abzusetzen, sodass Luft nur mit einer höheren Geschwindigkeit durch das Filtermedium gepresst werden kann.
Die ePTFE-Membranfilter haben deutlich kleinere Faserdurchmesser. Wegen des feineren Durchmessers von ca. 20 bis 200 Nanometer ermöglicht er Luftmolekülen einen leichteren Durchgang durch das Luftmedium. Zurückzuhaltende Partikel passieren die Faseroberfläche in viel geringerem Abstand und können somit leichter abgeschieden werden, sodass sich der Partikelabscheidegrad um den Faktor 2 signifikant erhöht.
Aufgrund der kleineren Faserdurchmesser kann der Betriebsdruck um ca. 50 Prozent gesenkt werden, sodass sich die Geräuschentwicklung verringert und die Bauweise der Filter noch kompakter erfolgen kann. Ein weiterer Aspekt, der die Jury beeindruckt hat, bezieht sich auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit: das Filtermedium der AAF-Lufttechnik GmbH verbraucht bis zu 50 Prozent weniger Energie.
Arnold Brunner, Hochschule Luzern, sagt: »Die American Air Filter Company AAF hat mit dem Filtermedium Helior™ im Bereich der HEPA- und ULPA-Filter einen großen, innovativen Schritt in die Reinraumzukunft gemacht. Die Luftfiltrationsleistung, definiert in der Norm EN 1822 »Schwebstoff-Filter«, wird durch die mediumspezifische Verschiebung des MPPS in den Bereich < 0,1µm noch verbessert. Vor allem aber beeindrucken die neuen Filter der MEGAcel-Reihe durch ihre sehr hohe mechanische Beständigkeit und den bei Nennvolumenstrom gegenüber traditionellen HEPA-Filtern halbierten Druckverlust.«
2. Preis: Carl Zeiss Microscopy GmbH – Correlative Particle Analyzer (CAPA)
Schnelle Klassifizierung und Charakterisierung von Partikeln nach ISO 16232 – mit dem »Correlative Particle Analyzer« stellt die Carl Zeiss Microscopy GmbH eine bisher nicht vorhandene Verbindung zwischen Rasterelektronen- und Lichtmikroskopie her: Eine innovative Kombination von Hard- und Softwareschnittstelle ermöglicht es, Partikel einer Probe, die mit dem Lichtmikroskop detektiert wurden, im Rasterelektronenmikroskop automatisch, schnell und präzise wiederzufinden. So lassen sich beispielsweise Bildinformationen aus der Lichtmikroskopie mit Elementinformationen aus der energiedispersiven Röntgenanalyse schnell und ohne unnötigen Analyseaufwand automatisch zusammenführen. Insbesondere für industrielle Qualitätssicherungsprozesse wie der Bestimmung der Bauteilsauberkeit im Automobilbereich (»Technische Sauberkeit«) eröffnet diese Kombination neue, zeitsparende Möglichkeiten.
»Das Elegante an dem Zoomobjektiv auf meiner Kamera ist nicht nur, dass es stufenlos arbeitet, sondern auch, dass ich die Brennweite wechseln kann, ohne mein Motiv aus dem Auge zu verlieren und wieder neu suchen zu müssen. Mit dem »Correlative Particle Analyzer« von Zeiss gelingt das sogar dann, wenn ich das Objektiv wechseln muss. Mit dem Lichtmikroskop geschaut, zum REM gewechselt und ohne Suchen wiedergefunden – dabei fließen alle Informationen, die ich über verschiedene Kanäle gesammelt habe, sofort automatisch zusammen«, resümiert der Juror Thomas Wollstein, VDI. »Das eröffnete neue Möglichkeiten für die Qualitätssicherung für Reinheit bzw. Sauberkeit.«
3. Preis: MBV AG – MAS-100 Iso NT ® Continuous Measurement
Biologische Luftbelastung in einem Isolator oder RABS (restricted acess barrier system) wird heute typischerweise mit einer Kombination aus aktiven Messköpfen und Luftplatten gemessen.
Die Empfindlichkeit der aktiven Messköpfe ist gut, aber die Messdauer ist auf ein paar wenige Minuten begrenzt. Luftplatten können im Stundenbereich eingesetzt werden, sind aber weniger empfindlich. Zudem ist die Empfindlichkeit von der Partikelgröße abhängig. Basierend auf der bewährten Plattform von MAS-100 Iso NT®, stellte die MBV AG ein neues Gerät vor, das die Vorteile von beiden Messarten vereint.
Dr. Lothar Gail, GMP Reinraumtechnik, erläutert: »Für die Bestimmung luftgetragener Keime wünscht man gute Nachweisempfindlichkeit und lange Messzeiten – Forderungen, die nicht ohne weiteres miteinander zu vereinbaren sind. Das neue von MBV als MAS-100 ISO NT CM vorgestellte System verbindet die Empfindlichkeit aktiver Probennehmer mit einer auf bis zu 4 Stunden verlängerten Messzeit. Die Flussrate wird dabei auf wahlweise 4 oder 8 l/min reduziert, während das gesammelte Luftvolumen auf bis zu 2000 ℓ erhöht wird. Damit sind Messzeiten möglich, die für die Überwachung der pharmazeutischen Sterilabfüllung wichtige Vorteile bieten.«
Ermöglicht wird dies durch ein innovatives Kopfdesign, bei dem sich die Agarplatte während der Messung einmal um sich selbst dreht. Dies erhöht die Ausnutzung der Agaroberfläche und reduziert das Austrocknen, da eine größere Oberfläche überströmt wird. Zudem erlaubt die Rotation eine zeitliche Auswertung der gefundenen Kolonien: eine Kolonie auf der 3-Uhr-Position wurde nach einem Viertel der Gesamtmesszeit gefunden.
»Es war spannend, die Resonanz der erstmaligen Auslobung des Preises zu beobachten. Wir haben uns über die Vielzahl der qualitativ hochwertigen Bewerbungen sehr gefreut und möchten uns bei allen Bewerbern bedanken. Besonders beeindruckend war die Vielfalt der Bewerbungen, die sich einerseits disziplinübergreifend über die Reinheitstechnik erstreckten und andererseits vom Kleinunternehmen bis zur Großindustrie reichten. Wir freuen uns bereits jetzt auf die Ausschreibung 2014 am Jahresende«, sagt Juryvorsitzender Dr. Udo Gommel.
Neben Initiator Dr. Udo Gommel, Fraunhofer IPA, gehören Dipl.-Phys. Thomas Wollstein, VDI e. V., Dr. Lothar Gail, GMP Reinraumtechnik, Dr. Gerhard Kminek, European Space Agency sowie Dipl.-Ing. Arnold Brunner, Hochschule Luzern, zur Fachjury.
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