Mehr Effizienz für die Leistungselektronik
Unter Federführung des Ferdinand-Braun-Instituts startete jetzt das EU-Projekt HiPoSwitch. Es zielt auf energieeffizientere, kompaktere und leistungsfähigere elektronische Energiekonverter für vielfältige Applikationen, etwa in der Informations- und Kommunikationstechnologie oder bei der Umwandlung von Solarenergie. Die Projektpartner decken die komplette Wertschöpfungskette ab, von der Bauelemententwicklung bis zur industriellen Verwertung.
Niedriger Energieverbrauch und hohe Leistungen sind die zentralen Anforderungen an moderne Leistungskonvertersysteme. Sie sollen Ressourcen schonen und zugleich immer höhere Datenmengen verarbeiten. Leistungstransistoren sind die elementaren Bauelemente elektronischer Leistungskonverter, die Gleich- und Wechselstrom auf unterschiedliche Spannungen transformieren. Sie sind in beinahe jedem technischen Gerät zu finden; im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien spielen sie etwa in Mobilfunkbasisstationen eine zentrale Rolle. Weitere Anwendungsbereiche sind Gleich-/Wechselstromversorgungen für Computer, Netzwerke und Speicher sowie Solarwandler, Elektro- und Hybridfahrzeuge.
Das vom Ferdinand-Braun-Institut koordinierte EU-Projekt HiPoSwitch beschäftigt sich in den kommenden drei Jahren mit neuartigen Galliumnitrid-basierten Transistoren. Sie sollen bei künftigen Leistungskonvertersystemen für weniger Volumen und Gewicht bei gleichzeitig höherer Leistungsfähigkeit sorgen. Die Effizienz derzeitiger Systeme wird in der Regel durch die verwendeten aktiven Schaltelemente begrenzt. Heutzutage kommen meist Komponenten auf der Basis von Silizium oder Siliziumkarbid zum Einsatz. Die Silizium-Technologie ist mittlerweile jedoch so weit fortgeschritten, dass das Material selbst an seine Grenzen stößt, oder, wie im Fall von Siliziumkarbid, sehr teuer ist. Bessere Materialeigenschaften verspricht Galliumnitrid (GaN). Mit GaN-basierten Bauelementen können Leistungsschalter bei deutlich höheren Frequenzen betrieben werden, ohne signifikante Schaltverluste in Kauf nehmen zu müssen. Grund ist der deutlich geringere Einschaltwiderstand von GaN-Leistungstransistoren, der zusammen mit den signifikant reduzierten Ein- und Ausgangskapazitäten zu einem deutlich verbesserten Schaltverhalten führt. Mit höherer Schaltfrequenz lässt sich zugleich die Größe der passiven Komponenten wie Spulen, Stromwandler und Kondensatoren deutlich reduzieren – die Baugruppe wird insgesamt kleiner. Die Transistoren werden auf kostengünstigen Silizium-Substraten aufgebaut und sind daher aus wirtschaftlicher Sicht sehr interessant, da sie längerfristig deutlich bessere technische Eigenschaften mit vergleichsweise günstigen Kosten verbinden.
5,6 Millionen Euro fließen in das Verbundprojekt mit acht europäischen Partnern; der EU-Förderanteil liegt bei 3,6 Millionen Euro. Die Kompetenzen der Projektpartner decken dabei die gesamte Wertschöpfungskette von Forschung und Entwicklung (Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH); Slowakische Akademie der Wissenschaften; Technische Universität Wien; Universität Padua) bis hin zur industriellen Verwertung (AIXTRON SE, Artesyn Austria GmbH & Co. KG, EpiGaN, Infineon Technologies Austria AG) ab. Mit Projektabschluss werden GaN-Leistungstransistoren und 200 mm GaN-auf-Silizium-Substrate industriell verfügbar sein und weltweit vermarktet werden.
Eng vernetzt: Bauelemente-Entwicklung und industrieller Transfer
Das Berliner Ferdinand-Braun-Institut und Infineon Technologies Austria entwickeln im Projekt gemeinsam selbstsperrende GaN-Leistungstransistoren in vertikaler Architektur. Der Aufbau der Transistoren erfolgt vorwiegend auf GaN-auf-Si-Wafern der Firma EpiGaN; zwecks Benchmarking werden Strukturen auf GaN-auf-SiC-Wafern aus dem FBH parallel getestet. Die Prozessmodule aus dem FBH sollen dabei möglichst rasch auf einen massentauglichen Industrieprozess bei Infineon übertragen werden. Auch explorative Konzepte in Richtung neuartiger selbstsperrender GaN-Leistungstransistoren, die etwa bei hohen Temperaturen bis 250°C arbeiten können, werden untersucht. Vorwiegend die Technische Universität Wien und die Slowakische Akademie der Wissenschaften in Bratislava erarbeiten damit bereits im Projekt die Grundlage für eine künftige Weiterentwicklung der Technologien. Begleitet werden alle Entwicklungsarbeiten durch kontinuierliche intensive Zuverlässigkeits- und Ausfalluntersuchungen. Insbesondere die Universität Padua bringt hier ihre umfassenden Erfahrungen bei Zuverlässigkeitstests von GaN-Bauelementen und Ausfallmechanismen ein.
Parallel zur Bauelementeentwicklung arbeiten die Industriepartner am Transfer der Technologie in eine industrielle Umgebung zur Fertigung großer Stückzahlen: Die belgische Firma EpiGaN konzentriert sich auf 200 mm GaN-auf-Si-Epitaxieentwicklungen, während das deutsche Unternehmen AIXTRON seine Epitaxiereaktoren auf den Durchsatz großer Mengen optimiert. Infineon Technologies Austria AG wiederum evaluiert in seiner Prozesslinie die entwickelten Transistorkonzepte und die GaN-auf-Si-Wafer von EpiGaN. Artesyn Austria wird die Leistungsfähigkeit der neu entwickelten Technologie anhand eines hocheffizienten Invertersystems der Kilowatt-Klasse demonstrieren, das beispielsweise in Basisstationen der neuesten Generation für die Mobilkommunikation zum Einsatz kommen soll.
Ferdinand-Braun-Institut gGmbH
12489 Berlin
Deutschland