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Fertigung von Batteriezellen stellt hohe Anforderungen an den Sauberraum

Fertigung von Batteriezellen stellt hohe Anforderungen an den Sauberraum
Fertigung von Batteriezellen stellt hohe Anforderungen an den Sauberraum

Vorstoß in Grenzbereiche der Physik: Herstellung einer neuen Akku-Generation für Elektroautos erlaubt nur eine maximale Luftfeuchtigkeit von 2 Prozent

Seit etwa zwanzig Jahren sind Fahrzeuge mit Elektroantrieb inzwischen auf dem Markt. Dass sie sich trotz ihrer Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit bisher noch nicht großflächig durchgesetzt haben, liegt vor allem an der begrenzten Reichweite der Elektrofahrzeuge: In den bisher verfügbaren Batterien kann nur eine vergleichsweise geringe Energiemenge gespeichert und mitgeführt werden. Um mit den Elektroautos auch längere Strecken zurücklegen zu können, müssen die Energiezellen deshalb leichter und langlebiger werden. Volkswagen und Varta Microbattery gründeten daher eine gemeinsame Forschungsgesellschaft, um die Leistungsfähigkeit von Lithium-Ionen-Akkus für den Einsatz in Fahrzeugen zu untersuchen und zu erhöhen. Allerdings stellt die Fertigung der empfindlichen Batteriezellen auch hohe Anforderungen an die Produktionsumgebung. Der Systemraumbauer Nerling musste dabei an die Grenzen des physikalisch Möglichen gehen und einen Sauberraum mit einer konstanten Luftfeuchtigkeit von maximal 2 Prozent entwickeln.

?Üblicherweise liegt die relative Feuchte für Sauberräume bei 40 bis 60 Prozent und damit im Komfortbereich für den Menschen?, erklärt Olaf Nerling, Geschäftsführer der Nerling Systemräume GmbH. Im Automobilbereich werden dagegen schon 35 Prozent verlangt, um Flugrostgefahr durch die Luftfeuchtigkeit auszuschließen. Bei der Verarbeitung von zu Stäuben feingemahlenen Wirkstoffen in der Pharmaindustrie darf die relative Raumfeuchte sogar nur 10 Prozent betragen. ?Die derzeit höchsten Anforderungen kommen allerdings aus der Elektrotechnik?, berichtet Nerling. ?Im Fall der Fertigung von Lithium-Ionen-Batteriezellen bei der Volkswagen Varta Microbattery Forschungsgesellschaft mbH & Co KG wird mit Werten von höchstens 2 Prozent relativer Feuchte eine extreme Trockenheit verlangt.?

Feuchtigkeit bei der Herstellung verschlechtert Leistung der Batterien

Das Ziel der Kooperation zwischen Volkswagen und Varta Microbattery besteht darin, durch die Entwicklung eigener Lithium-Ionen-Zellen die Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Energiedichte der Batterien für Fahrzeuge mit Elektroantrieb zu verbessern. ?Unsere Vision ist es, durch die Bündelung vieler auch kleiner Innovationen Deutschland ? vor allem gegenüber dem asiatischen Markt ? als Produktionsstandort international wettbewerbsfähig zu machen?, sagt Prof. Dr. Werner Schreiber, Geschäftsführer der Volkswagen Varta Microbattery Forschungsgesellschaft mbH & Co. KG.

Bei der Produktion solcher Batteriezellen sind die verwendeten Rohmaterialien den Einflüssen aus der Umwelt ausgesetzt. ?Die Pasten für die Elektroden werden auf metallische Trägerfolien aufgebracht, anschließend getrocknet, kalandriert und geschnitten?, erklärt Schreiber das Grundprinzip der Herstellung. ?Diese Elektrodenfolien werden danach zusammen mit einem Separator gewickelt. Der Elektrodenwickel bildet dann den Kern der Batteriezelle.? Wenn die Chemikalien bei der Verarbeitung im Glättwerk (Kalander) Feuchtigkeit ausgesetzt sind, verändern sie jedoch ihre Eigenschaften. ?Der Produktionsraum muss deshalb extrem trocken sein, weil sonst die Qualität und Zuverlässigkeit der Batteriezelle darunter leidet?, sagt Schreiber. ?Außerdem verkürzt sich die Lebensdauer der Batterie, wenn sie beim Herstellungsprozess einer zu hohen Raumfeuchte ausgesetzt war.?
Adsorptionstrocknung als neues Verfahren der Klimatechnik

Da mit konventioneller Klimatechnik eine so niedrige Raumfeuchte von höchstens 2 Prozent nicht zu erreichen ist, setzte Nerling zusammen mit einem Kooperationspartner das noch relativ neue Verfahren der Adsorptionstrocknung ein. Die Entfeuchtung erfolgt hier über einen Rotor, der aus einer wellenförmigen Fiberglasstruktur besteht, die Silikagel als Sorptionsmittel enthält. ?Die Prozessluft wird zur Entfeuchtung durch den Rotor geblasen, gibt dabei ihre Feuchtigkeit an das Sorptionsmittel ab und strömt als trockene Luft in den Sauberraum?, erläutert der Geschäftsführer. ?Durch die Drehung wird dem Rotor dann in einem abgetrennten Bereich heiße Luft zugeführt, die die angesammelte Feuchtigkeit wieder aus dem Rotor entfernt und in die Außenluft auslässt.?

Eine weitere Herausforderung für die permanente Luftentfeuchtung stellte sich in der Ermittlung des exakten Feuchtigkeitsgrades. ?Hier stoßen wir in Grenzbereiche des physikalisch Möglichen vor?, sagt Nerling. ?Gewöhnliche Messfühler können so geringe Werte wie 2 Prozent relative Feuchte und weniger nicht mehr erfassen.? Die Feuchtefühler müssten hier quasi einzelne Wassermoleküle detektieren können. Deswegen wurde auf eine andere Messtechnik zurückgegriffen: Die Feuchtigkeit im Sauberraum wird nun über spezielle Taupunkttemperaturfühler ermittelt. Die relative Feuchte von 2 Prozent entspricht demnach einer Taupunkttemperatur von -30°C. ?Mit dieser alternativen Messmethode kann eine Trockenheit bis zu einem Taupunkt von -90°C bestimmt werden?, so Nerling. ?In einem nächsten Projekt werden wir erstmals versuchen, auf diese Weise eine relative Feuchte von unter einem Prozent beziehungsweise einen Taupunkt von -60 Grad zu erreichen.?

Komplettlösung inklusive Kran

Der Sauberraum von 15,5 x 5,6 Metern wurde in einer Halle der Volkswagen Varta Microbattery Forschungsgesellschaft in Ellwangen unter Produktionsbedingungen montiert und mittels einer Verbindungstür an einen bereits vorhandenen Trockenraum angebaut. Weitere Anforderungen waren eine Raumtemperatur von 20°C und eine Sauberkeit nach Reinraumklasse ISO 8. ?Außerdem spielten neben dem Kostenfaktor auch kurze Lieferzeiten und Termintreue eine wichtige Rolle, da wir die Zeitpunkte für die Anlieferung und Aufstellung der weiteren Produktionsanlagen unbedingt einhalten mussten?, so Schreiber.

Ausschlaggebend für die Beauftragung des baden-württembergischen Systemraumbauers war für die Volkswagen Varta Microbattery Forschungsgesellschaft dessen umfassendes Know-how in allen Bereichen. So wurde beispielsweise ein 10 Tonnen-Kran im Sauberraum benötigt, mit dem sich die Kalanderwalze für Revisionszwecke ausheben lässt. ?Die Firma Nerling war der einzige Anbieter, der uns eine schlüsselfertige Komplettlösung aus Sauberraum, Klimatechnik und Kran liefern konnte?, begründet Schreiber die Entscheidung. Da das Glättwerk die größten Dimensionen der Gewerke im Sauberraum hat, musste dessen Höhe an dieser Stelle über 5,5 Meter betragen. Um einen ungenutzten Totraum über der restlichen Fläche und damit unnötige Kosten für die Klimatisierung zu vermeiden, wurde die Raumhöhe weitgehend auf 3,3 Meter ausgelegt und nur über dem Kalander ein Dom errichtet.

Aluminiumtränenblech verhindert Schäden durch elektrostatische Aufladungen

?Ein weiteres Problem bei nur 2 Prozent relativer Feuchte ist, dass über die Luft und einen gewöhnlichen PVC-Boden keine elektrostatischen Aufladungen mehr abgeleitet werden können?, erklärt Nerling. Dann bestehe jedoch die Gefahr, dass es bei der Betätigung der Maschinensteuerung zum Funkenüberschlag kommt und das Gerät beschädigt wird. Abhilfe schafft hier ein von dem Systemraumbauer eigens dafür entwickelter dampfdiffusionsdichter Bodenaufbau mit Aluminiumtränenblech. Dieser Bodenbelag stellt auch bei extrem niedrigen Feuchtegraden die Ableitung der Ladungen sicher. Ebenfalls von zentraler Bedeutung für die Konstanthaltung der Raumfeuchte ist die Dichtigkeit der gesamten Anlage. Die Außenwände und Fenster des Sauberraums sind daher exakt aneinander angepasst, um Luftritzen zur umgebenden Fertigungshalle auszuschließen. Als Zugang gibt es eine Material- und eine Personenschleuse, die mit gegenseitig verriegelten Türen ausgestattet sind, damit keine Luftfeuchtigkeit eindringen kann. Die zweite Tür zum Innenraum öffnet sich dabei erst nach der sogenannten Spülzeit, also wenn die Klimaanlage die Feuchte entzogen hat.

In dieser auf die speziellen Anforderungen abgestimmten Fertigungsumgebung laufen inzwischen die Forschungen des Joint Ventures zur Optimierung der Batteriezellchemie und der Fertigungsmethodik an. Das Kooperationsprojekt von Volkswagen und Varta Microbattery ist zunächst auf vier Jahre angelegt und wird während dieser Zeit vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert. ?Wenn das Interesse an der Elektromobilität in unserer Gesellschaft weiterhin zunimmt und das Pilotprojekt erfolgreich verläuft, streben wir eine Großanlage für die serielle Produktion solcher Batteriezellen für Elektroautos an?, meint Schreiber mit Blick in die Zukunft.

Bild: Nerling Systemräume GmbH


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