VOC-Emissionen reinraumtauglicher Materialien ? Nachlese des CSM-Treffens 2011
VOC-Emissionen reinraumtauglicher Materialien ? Nachlese des CSM-Treffens 2011
Während der vergangenen Projektphasen des Industrieverbunds CSM ? cleanroom suitable materials wurden Messungen an Materialien standardisiert, um durch Ermittlung spezifischer Materialeigenschaften (Partikelemission bei tribologischer Belastung, Ausgasung flüchtiger organischer Verbindungen (VOC), chemische Beständigkeit, biologische Beständigkeit und Mikrobizidität) die Eignung der getesteten Materialien für die verschiedenen Reinraumklassen und ?Bereiche vergleichend festzustellen (1). Die Messungen und die daraus resultierende Klassifizierung nach CSM-Standard wurden in der Richtlinie VDI 2083 Blatt 17 (Entwurf) verankert, welche sich aktuell als Gründruck im Umlauf befindet und noch dieses Jahr endgültig verabschiedet wird (2). Auf internationaler Ebene wurde der Richtlinienentwurf bereits erfolgreich als Basis für ein neues ?ISO work item proposal? präsentiert. Es ist zu erwarten, dass die darin festgelegten Vorgehensweisen dabei weitgehend übernommen werden.
Am 17. Februar fand während den Lounges in Karlsruhe das CSM-Jahrestreffen 2011 mit dem Schwerpunkt ?VOC-Emissionen reinraumtauglicher Materialien? statt. Dabei wurde der Teilaspekt der VDI 2083 Blatt 17 (Entwurf) ?Ausgasung? detailliert präsentiert. Warum eine neue VOC-Richtlinie? Etablierte Messstandards für VOC-Emissionen wie die sehr aufwändigen Kammermessungen nach ISO 16000-9 enden mit der Ermittlung der oberflächenspezifischen Emissionsrate (3). Raumfahrtorientierte Regelwerke wie die ASTM E 595 beziehen sich u.a. auf den TML-Wert (total mass loss), welcher unter definierten Vakuum ermittelt wird (4). Die VDA-Richtlinie 278 der Automobilindustrie bezieht sich nicht auf die aktive intakte Oberfläche des Materials, welche aber zur Ermittlung einer oberflächenspezifischen Emissionsrate notwendig ist (5). Die neue VDI-Richtlinie beschreibt als weltweit erste Standardisierungsschrift nicht nur die Ermittlung der oberflächenspezifischen Emissionsrate (SERm) verbunden mit einer eindeutigen Materialklassifizierung (ISO-AMCm class x) für VOCs, sondern erläutert auch die Abschätzung einer zu erwartenden TVOC-Konzentration eines Reinraums nach Einbringen eines vorab klassifizierten Materials. Die dabei ermittelten TVOC-Konzentrationen können nach ISO 14644-8 direkt als eine ISO-AMC-Klasse angegeben werden (6) (7) (8).
MARKES International und Agilent Technologies stellten die dafür einsetzbaren Mikrokammern wie auch die gerätetechnische Ausstattung einer Thermodesorptions-GC/MS-Einheit vor. Vergleichbare Thermodesorber kommen auch aus dem Hause PerkinElmer und Gerstel. Der Vortrag der Firma Siltronic AG zeigte eindrücklich, welche Probleme VOCs als Beispiel des ?time dependend haze? (TDH) in der Halbleiterindustrie verursachen können. Aufgrund der Tatsache, dass molekulare Kontaminationen der Reinraumatmosphäre (VOC u.a.) einen direkten Einfluss auf die Qualität eines Wafers haben, sind diese möglichst gering zu halten, was sich in der Materialauswahl für reine Fertigungen niederschlägt. Sika Technology AG zeigte als Antwort auf die Forderungen der Halbleiterindustrie Lösungen aus ihrem Hause bezüglich neuartiger stark VOC-reduzierter Bodenbeschichtungen auf. Diese wurden im Rahmen der CSM-Qualifizierung vom Fraunhofer IPA in die Datenbank www.ipa-csm.com aufgenommen.
Ein CSM-Workshop in ähnlicher Form ist Herbst dieses Jahres in Tokyo/Japan am Fraunhofer Representative Office (www.fraunhofer.jp) geplant. Das nächste CSM-Jahrestreffen 2012 findet wieder auf den Lounges in Karlsruhe statt. Der Schwerpunkt wird neben Partikel- und VOC-Emissionen von Materialien auch der Bereich Materialien für Life-Science-Applikationen sein.
1 Literaturverzeichnis
1. Keller, Markus. Reinraumtechnik in der Lebensmittelindustrie ? Materialauswahl für hygienische Fertigungsumgebungen am Beispiel Wände, Böden und Fugen. Der Lebensmittelbrief. Lampertheim : Lebensmittelinformationsdienst GmbH, 2010. Bd. 21, 11/12, S. 12-17.
2. VDI 2083 Blatt 17 - Entwurf. Reinraumtechnik - Reinraumtauglichkeit von Werkstoffen. Berlin : Beuth Verlag, 2011.
3. DIN EN ISO 16000-9. Innenraumluftverunreinigungen - Teil 9: Bestimmung der Emission von flüchtigen organischen Verbindungen aus Bauprodukten und Einrichtungsgegenständen - Emissionsprüfkammer-Verfahren. Berlin : Beuth Verlag, 2008.
4. ASTM E 595. Standard Test Method for Total Mass Loss and Collected Volatile Condensable Materials from Outgassing in a Vacuum Environment. West Conshohocken : ASTM International, 2007.
5. VDA 278 - Empfehlung. Thermodesorptionsanalyse organischer Emissionen zur Charakterisierung von nichtmetallischen KFZ-Werkstoffen. Berlin : Verband der Automobilindustrie e. V., 2002.
6. Keller, Markus. Emissionen reinraumtauglicher Materialien. ReinRaumTechnik. Darmstadt : GIT Verlag GmbH & Co. KG, 2010. Bd. 12, 3, S. 14-17.
7. Keller, Markus. VOC emissions test method : Calculating VOC emissions. Cleanroom Technology. 2011, 19, S. 19-23.
8. DIN EN ISO 14644-8. Reinräume und zugehörige Reinraumbereiche - Teil 8: Klassifikation luftgetragener molekularer Kontamination. Berlin : Beuth Verlag, 2006.
9. DIN EN ISO 846. Einwirkung von Mikroorganismen auf Kunststoffe Bedarfsgegenstände. Berlin : Beuth Verlag, 1997.
10. ISO 22196. Kunststoffe - Messung von antibakterieller Aktivität auf Kunststoffoberflächen. Berlin : Beuth Verlag, 2007.
11. DIN EN ISO 2812-1. Beschichtungsstoffe - Bestimmung der Beständigkeit gegen Flüssigkeiten - Eintauchen in Flüssigkeiten außer Wasser. Berlin : Beuth Verlag, 2007.
Abbildung 1: Reaktive Materialprobe, präpariert in einen Glasträger neben einer Mikrokammer einer µCTE-Einheit (MARKES International) auf dem Thermodesorber Turbomatrix ATD 650 (PerkinElmer).
