- Possibilities
Michael Riester
Digitaler Produktpass: Ein Booster für die Standardisierung
Die Digitalisierung hat in der Industrie bedeutende Fortschritte gebracht, indem sie zur Optimierung von Anlagen, zur Steigerung der Produktionskapazität und zur Senkung der Kosten beigetragen hat. Um die zunehmend komplexen digitalen Infrastrukturen effizient zu integrieren und zu verwalten, braucht es jedoch eine standardisierte Infrastruktur für digitale Ökosysteme. Eine solche Standardisierung würde den strukturierten Austausch von Daten auf Anlagen-, Produkt- und Systemebene erleichtern, was wiederum die Entscheidungsfindung in Echtzeit und die Betriebssicherheit verbessert. Digitale Zwillinge, die physische und digitale Welten verknüpfen, könnten hier eine Schlüsselrolle spielen. Damit sich Digitale Zwillinge indes industrieübergreifend vernetzen, bedarf es einer sehr viel umfassenderen Standardisierung als bislang.
Ein wesentlicher Schritt in Richtung dieser Standardisierung ist die Einführung des digitalen Produktpasses (DPP). Bis 2030 müssen diese sektorübergreifend eingeführt werden. Dadurch sollen zukünftig Anwender umfassende Produktinformationen mit nur wenigen Klicks über mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablets abrufen können. Die neue EU-Batterieverordnung, die als erste den digitalen Produktpass vorschreibt, verdeutlicht die Notwendigkeit eines einheitlichen Standards. Obwohl Produktinformationen, Zertifikate, und Bedienungsanleitungen bereits vorhanden sind, wird der sektorübergreifende Austausch heute noch durch die Vielzahl unterschiedlicher Akteure und fehlende Standardisierung erschwert.
Statt sich weiterhin auf die Digitalisierung einzelner Prozesse zu konzentrieren, rückt jetzt das gesamte digitale Ökosystem in den Fokus. Die Zusammenarbeit aller Beteiligten – von Anlagenbetreibern über Serviceanbieter bis hin zu Maschinenherstellern – wird unerlässlich, um die Effizienz und Automatisierung in der Prozessindustrie zu steigern. Die gemeinsame Nutzung von Daten über Maschinenleistungen und Wartungsbedarf in Echtzeit kann beispielsweise Ausfallzeiten reduzieren und die Lebensdauer von Anlagen verlängern.
Um den Datenaustausch entlang der Wertschöpfungskette zu vereinfachen, ist der verstärkte Einsatz digitaler Zwillinge in Verbindung mit einem gemeinsamen Verständnis zwischen Industrie, Verbänden und Forschung entscheidend. Die Industrial Digital Twin Association (IDTA) spielt hierbei eine zentrale Rolle. Kerntechnologie ist die „Asset Administration Shell“ (AAS), eine standardisierte Beschreibung des Verhaltens und der Fähigkeiten eines Assets für Kommunikation und Interaktion, also der standardisierte Digitale Zwilling eines Assets. Diese Verwaltungsschale ermöglicht die Integration von Daten aus verschiedenen Quellen und bildet eine einheitliche Grundlage für die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Systemen und Akteuren.
Digital Data Chain: Der Weg zur standardisierten Zukunft
Um die vollständige digitale Datenkette von Herstellern bis zu Anlagenbetreibern zu etablieren, braucht es die Integration drei wesentlicher Technologien: die automatische Identifikation physischer Objekte nach IEC 61406, digitale technische Dokumentation nach VDI 2770 und digitale Informationsaustauschplattformen (Information Exchange Platform, IEP). Diese Technologien bilden die Grundlage für einen harmonisierten Ansatz zur Identifikation und Verwaltung von Objekten und Daten, was die Implementierung von Innovationen beschleunigt und Skaleneffekte ermöglicht.
All dies macht deutlich: Geht es um den Einsatz standardisierter digitaler Infrastrukturen spielen der nun initiierte digitale Produktpass als auch die Asset Administration Shell (AAS) eine entscheidende Rolle, um einen effizienten und transparenten Datenaustausch entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu ermöglichen.
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